Wie viel Eiweiß benötigen Sportler tatsächlich? – Eiweißbedarf wissenschaftlich geprüft

Sportler benötigen mehr Eiweiß als der Durchschnittsbürger. Dabei ist es ganz gleich, ob Kraftathlet oder Ausdauersportler. Der Eiweißbedarf steigt mit der Zunahme an körperlicher Aktivität. Insbesondere Leistungssportler sollten aus diesem Grund auf eine eiweißreiche Kost achten.

Die Frage ist also: Wie viel Eiweiß braucht der Sportler denn nun tatsächlich? Mit dieser Frage hat sich eine neue Studie aus dem Jahre 2018 befasst. Die Ergebnisse sind teilweise auch überraschend.

Eiweiß ist das Klare vom Ei – und ein essentieller Grundbaustein unserer Ernährung

Das etwas trübe, durchsichtige Eiklar besteht hauptsächlich aus Wasser und Eiweißen.

Kleiner Scherz am Rande. Die Bezeichnung ‚Eiweiß‘ ist vermutlich einfach irreführend gewählt. Spricht man mit einem Koch, könnte damit auch das Eiklar (also das „Weiße vom Ei“) gemeint sein. Und genau dieses Eiklar besteht hauptsächlich aus einer Wasser-Eiweiß-Mischung.

Würde man stattdessen mit einem Biologen sprechen, umfasst der Begriff ‚Eiweiß‘ alle Makromoleküle, die aus Aminosäuren durch Peptidbindungen zusammengesetzt sind und auch als Proteine bezeichnet werden. Aus ernährungsrelevanter Perspektive machen wir keinen Unterschied: Proteine sind Eiweiße und umgekehrt.

Allerdings hat man sich in der Lebensmittelindustrie darauf geeinigt, in Nährwerttabellen vom „Eiweiß“ zu sprechen. Vermutlich eben aus jenem Grund, weil so nicht nur Proteine, sondern auch zusätzlich Peptidketten und Aminosäuren zusammengefasst werden können. So kommt es zu keinen Missverständnissen in biologisch-chemischen Definitionsgrenzen und der Kunde (also du und ich) ist mit der übersichtlichen und einfachen Nährwerttabelle auch zufrieden.

Was macht Eiweiß in unserem Körper?

Grundsätzlich ist Eiweiß, genauso wie Kohlenhydrate und Fette, ein Energielieferant. Mit knapp 4 kcal pro Gramm Eiweiß liefern Proteine theoretisch genauso viel Energie wie Kohlenhydrate. Nur Fette liefern mit 9 kcal pro Gramm mehr als doppelt so viel Energie bei gleichem Gewicht.

Nichtsdestotrotz wird Eiweiß in erster Linie nicht für die Energiegewinnung verstoffwechselt. Vielmehr sind Eiweiße als Bausteine für zahlreiches Gewebe in unserem Körper zuständig. Eiweiße wirken und funktionieren auf unterschiedlichste Weisen in unserem Körper. Beispielsweise als

Unser Muskel bzw. das hier abgebildete Tierfleisch besteht sowohl aus strukturellen als auch aus kontraktilen Proteinen, die zusammen einen Gewebsytpen formen.
  • Strukturproteine (z. B. Kollagene in Sehnen, Bändern, Knorpel und Knochen oder Elastin in Blutgefäßen und in der Haut),
  • Speicherproteine (z. B. für die Eisen-Speicherung oder Proteine als Energiequelle in Hungersituationen),
  • Transportproteine (z. B. Myoglobin zum Transportieren von Sauerstoff in die Muskelzellen),
  • Schutzproteine (z. B. Antikörper),
  • Hormone (diverse Hormone sind eigentlich Proteine, wie z. B. das Insulin oder Erythropoietin (EPO) – beides gängige Dopingmittel),
  • Enzyme (zuständig für chemische Reaktionen im Körper, z. B. für die Verdauung oder die Fettverbrennung) und
  • Kontraktile Protein (z. B. Aktin und Myosin im Muskel, die das Zusammenziehen des Muskels überhaupt erst ermöglichen).

Da Proteine als Bausteine zahlreicher Körperzellen und -funktionen zuständig sind, ist die Namensgebung nicht verwunderlich. Das Wort ‚Protein‘ stammt vom griechischen Wort ‚proteios‘ und heißt so viel wie „Erster“ oder „Vorrangiger“.

Das Wesentliche: Eiweiße = Proteine und umgekehrt. Obwohl Eiweiße mit 4,1 kcal/g theoretisch genauso viel Energie wie Kohlenhydrate liefern, sind sie primär als Bausubstanz zu verstehen. Dabei unterscheidet man mehrere zehntausende (!) unterschiedliche Eiweißstrukturen im menschlichen Körper. Sie können u. a. Stoffe speichern oder transportieren, uns schützen, uns wachsen lassen, unseren Stoffwechsel ankurbeln oder ihn verlangsamen, unseren Organen Halt und Festigkeit geben oder auch Geschmeidigkeit und Elastizität. Muskeln, Sehnen, Bänder, Knorpel, Knochen, Blutgefäße, Nervenfasern, Hormone, Enzyme und viele weitere Eiweiße im Körper werden beim körperlichen Training ständig stimuliert – oder eher gesagt “trainiert”. Kein Wunder also, dass Sport irgendwie gesund für den Menschen ist.

Warum benötigen Sportler mehr Eiweiß als Nichtsportler?

Körperliches Training erhöht den Eiweißbedarf, um den beanspruchten Körper wieder zu “reparieren” und auf eine erneute Belastung anzupasssen.

Normalerweise muss der Mensch ausschließlich Proteine über die Nahrung zuführen, um ihn mit unentbehrlichen Aminosäuren und Stickstoff zu versorgen. Der Körper benötigt diese Teil-Bausteine, um körpereigene Proteine aufbauen zu können, die unter anderem für die oben genannten Funktionen zuständig sind.

Viel Bewegung und körperliche Belastungen führen dazu, dass Muskeln, Sehnen, Bänder, Knorpel und Knochen beansprucht werden. Muskelfasern erleiden feinste „Risse“ in den Mikrofilamenten, Sehnen und Bändern können Reizungen bis hin zu Belastungsschäden erfahren und auch Knorpel- und Knochengewebe müssen sich nach einer intensiven Belastung an das Ziehen, Schieben, Springen und Stoppen anpassen, um widerstandsfähiger zu werden.

Als einfaches und gesundheitsorientiertes Beispiel dient das Krafttraining: Nach einer intensiven Krafttrainingseinheit müssen Aktin- und Myosinfilamente gebildet werden, um den Muskel dicker und zugfester zu machen. Es werden vermehrt Hormone wie Testosteron ausgeschüttet, um die Regeneration und das Muskelwachstum zu beschleunigen. Ähnlich wie beim Ausdauertraining werden vermehrt Stoffwechselreaktionen ausgelöst, die beim Untrainierten zu einer Zunahme von Mitochondrien, Enzymen und sauerstofftransportierenden Proteinen führen können.

Um dies mal zusammenzufassen sprechen wir von Reparatur- und Anpassungsprozessen, die Eiweiße bzw. die hierin enthaltenen Aminosäuren als Grundbaustoff benötigen. Logischerweise erhöht sich damit der Eiweißbedarf im Vergleich zu einer Person, die keinen Sport treibt.

Wie viel Eiweiß benötigt der Durchschnittsbürger?

Auch fürs Wachstum und für die Aufrechterhaltung unserer Gesundheit benötigen sowohl jüngere als auch ältere Menschen mehr Eiweiß als der durchschnittliche Erwachsene!

Bei hauptsächlich sitzenden Menschen mit einem Gewicht von 70 bis 90 kg geht man deshalb von einem täglichen Eiweißverlust von 40 bis 60 g aus (Phillips & Van Loon, 2011). Um eine mögliche Eiweißunterversorgung vorzubeugen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung pro kg Körpergewicht 0,8 g Eiweiß am Tag. Ansonsten droht eine Muskelatrophie, also eine Abnahme der Muskelmasse aufgrund von Unterernährung. Bei 70 kg sind dies 56 g Eiweiß täglich – eine Menge, die für gewöhnlich von jedem problemlos erreicht wird.

Die empfohlenen Mengen beziehen sich hierbei für Erwachsene von 19 bis 65 Jahren. Bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Jugendlichen weiß man, dass sie fürs Wachstum deutlich höhere Eiweißmengen pro kg Körpergewicht benötigen. Allerdings sei ebenfalls angemerkt, dass die empfohlenen Mengen für Säuglinge und für Erwachsene ab 65 Jahren nur Schätzwerte sind. Bei über 65-Jährigen geht man zum Beispiel davon aus, dass ein höherer Eiweißkonsum (1,0 g/kg/Tag) zu einer besseren körperlichen Funktionalität bzw. Funktionserhaltung der Muskulatur beiträgt.

Der Eiweißbedarf eines Sportlers ist höher – aber weniger hoch als meist angenommen

Obwohl wir schon eine Menge darüber wissen, was den Eiweißaufbau und -abbau beeinflussen kann, ist uns immer noch nicht so richtig bekannt, wie groß der Einfluss von Sport auf die Eiweißregulation im Körper tatsächlich ist. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass man schon allein den Sport bzw. die Sportart und seine jeweiligen Trainingseinheiten differenzieren müsste in Belastungsdauer, Belastungsintensität, Trainingsumfang und den Anteil der angesprochenen Muskulatur. Und das wären nur die oberflächlichen Informationen zu einer einzigen Trainingseinheit.

Gleichzeitig ist der Stoffwechsel eines jeden Menschens einzigartig, sodass schon von Grund auf unterschiedliche Proteinumsätze erzielt werden. Auch nicht zu unterschätzende Faktoren sind das Alter, das Geschlecht, die Ernährungsform, Verletzungen, der Alltag und Stress. Doch all diese „Störvariablen“ in wissenschaftlichen Auswertungen und Analysen zu berücksichtigen ist im Prinzip unmöglich.

Sicher ist nur, dass Sportler aufgrund ihrer höheren körperlichen Aktivität – also mit dem Training – prinzipiell höhere Eiweißumsätze und damit höhere Eiweißverluste durch Schädigungen, Reparaturen und Anpassungen erzielen. Aus diesem Grund liegen die aktuellen Ernährungsempfehlungen des American College of Sports Medicine für Kraft- und Ausdauersportler bei einer täglichen Proteinaufnahme von 1,2 bis 1,7 g pro kg Körpergewicht (Rodriguez, Di Marco & Langley, 2009). Oder mit anderen Worten: Kraft- und Ausdauersportler sollen bis zu doppelt so viel Eiweiß aufnehmen als der Durchschnittsbürger!

Die DGE empfiehlt täglich mindestens 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Studien deuten darauf hin, dass Sportler bis zu 1,6 g Eiweiß pro kg Körpergewicht am Tag zu sich nehmen sollten. Alles darüber hinaus scheint keinen weiteren Vorteil zu bieten.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine wissenschaftliches Review aus dem Jahre 2011. Die Autoren zeigen auf, dass Kraftsportler, die Proteinmengen von 0,86 g/kg/Tag aufnahmen weniger Eiweiß im Körper aufbauten als Kraftsportler, die 1,4 g/kg/Tag aufnahmen. Aber: Beim Vergleich zwischen Eiweißmengen von 1,4 g/kg/Tag und 2,4 g/kg/Tag zeigte sich kein merklicher Unterschied in der Proteinsynthese (Phillips & Van Loon, 2011).

Oder mit anderen Worten: Ein 80 kg schwerer Kraftathlet kann mit 70 g Eiweiß am Tag seine Ernährung durchaus optimieren. Besser wären über 100 g Eiweiß täglich. Aber viel hilft nicht viel, zumindest wenn man einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Mehr als 200 g Eiweiß täglich müssen es nicht sein, weil der Körper mit diesen hohen Mengen nichts mehr anfangen kann. Was er dann tut, ist das überschüssige Eiweiß zum einen in Energie zu verstoffwechseln und zum anderen über die Nieren auszuscheiden. Die Nebeneffekte können also im extremen Beispiel Fettzunahmen und Nierenüberbelastungen sein.

Eine relativ neu veröffentlichte Studie von Robert W. Morton und seinen Kollegen aus dem Jahre 2018 bestätigen mittels einer Regressionsanalyse, die insgesamt 49 Studien umfasst, ein sehr ähnliches Ergebnis. Es konnte gezeigt werden, dass eine Proteinaufnahme von bis zu 1,62 g/kg Körpergewicht zu Zuwächsen der freien Fettmasse bei Kraftathleten führen kann (Morton et al., 2018). Ähnliche Ergebnisse gelten auch für Elite-Ausdauersportler (Tarnopolsky, 2004). Eiweißaufnahmen, die über 1,6 g/kg/Tag hinausschießen, scheinen weder für das Muskelwachstum noch für die Kraftzunahme von Vorteil zu sein. Für dein einen oder anderen Kraftathleten scheint dieses Ergebnis überaschend zu sein, da im Kraftsport teilweise weitaus höhere Eiweißmengen empfohlen werden. Doch wie es scheint, sind extrem hohe Mengen nicht nötig.

Aber immerhin: Um das volle Leistungspotential auszuschöpfen sollte ein 80 kg schwerer Sportler nach neuester Studienlage täglich bis zu 130 g Eiweiß zu sich nehmen! Dieser Bedarf sollte optimalerweise über hochwertige Proteinquellen abgedeckt werden. Ein relativ einfaches Maß dafür ist die biologische Wertigkeit. Kombiniert man verschiedenen Eiweißquellen wie Getreide und tierische Produkte, so steigt die Proteinwertigkeit grundsätzlich enorm an.

Das Wesentliche: Nach der neuesten Studienlage scheint es nun endlich eine Faustformel für die Proteinaufnahme für Sportler zu geben. Es gilt: 1,6 g Eiweiß pro kg Körpergewicht pro Tag. Für einen 50 kg schweren Athleten wären dies 80 g Eiweiß täglich. Für einen 100 kg schweren Athleten 160 g Eiweiß. Allerdings ist zu betonen, dass diese Faustformel für Kraftsportler (z. B. Gewichtheber, Powerlifter, Leichtathleten oder Bodybuilder) und allerhöchstens auch für Elite-Ausdauersportler gilt. Im Breitensport ist der Proteinbedarf vermutlich wesentlich geringer, insbesondere da unser Körper die Proteinumsätze bei regelmäßigem Sport anpassen kann. Anders wiederum sieht es bei einem Kaloriendefizit aus. Hier wird der Proteinbedarf für Leistungssportler vermutlich wesentlich über 1,6 g/kg/Tag liegen, um die Muskelmasse optimal aufrechterhalten zu können.

Wie erreiche ich täglich so hohe Eiweißmengen?

Für jemanden, der sich noch nie zuvor mit einer eiweißreichen Kost beschäftigt hat, kann es schwierig vorkommen, über 100 g Eiweiß am Tag zu erreichen. Dabei ist dies ganz simpel, wenn man weiß, welche Lebensmittel viel Eiweiß enthalten. Im Durchschnitt essen deutsche Bundesbürger ohnehin “zu eiweißreich”. Als Nichtsportler sollte man sich diesbezüglich also keine Sorgen machen.

Für Leistungssportler gilt ein höher angesetztes Maßstab an Eiweißmengen, insbesondere bei hohem Körpergewicht. Ganz oben auf der Liste für eiweißreiche Lebensmittel stehen mageres Fleisch/Fisch, Sauermilchkäse und Magerquark, die eigentlich fast nur aus Eiweiß bestehen. Daneben sind Eier, Milch und Milchprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Bohnen sehr günstige Eiweißlieferanten.

Die unten stehenden Beispiele sind sehr eiweißreich und können nach Belieben angepasst werden. Rechne dein Körpergewicht mal 1,6 und schau, wie viel Eiweiß du als Sportler benötigst. Als Freizeitsportler solltest du eher mal 1,2 rechnen und als Nichtsportler mal den Faktor 0,8.

Kurze Übersicht zur Berechnung des Eiweißbedarfs (Beispiel: 70 kg Körpergewicht)

  • Nichtsportler (70 kg): 70*0,8g = 56 g Eiweiß pro Tag
  • Freizeitsportler (70 kg): 70*1,2 = 84 g Eiweiß pro Tag
  • (Leistungs-)Sportler (70 kg): 70*1,6 = 112 g Eiweiß pro Tag

Beispiel 1: eiweißreiche Haferflocken-Schale

Mischt man sich zum Frühstück beispielsweise 100 g Haferflocken mit 250 ml fettfreier Milch, 250 g Magerquark und gibt noch 20 g Mandeln hinzu, kommt man schon auf ca. 57 g Eiweiß. Verfeinert man dieses Gericht mit Früchten wie Bananen, Äpfel oder Trockenfrüchten, so wird es auch gleich viel süßer und liefert neben wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen auch viele schnell verfügbare Kohlenhydrate!

Beispiel 2: herzhaft Gekochtes & sehr viel Eiweiß

Als etwas herzhafterer Vorschlag bieten sich Gerichte aus Hülsenfrüchten und tierischen Produkten an. Zum Beispiel kann man 100 g Reis mit einer kleinen Hühnerbrust (200 g) und gedünstetem Gemüse in Curry-Sauce zubereiten. Dies entspricht einer Eiweißmenge von ca. 52 g. Würde man statt Reis lieber rote Linsen bevorzugen, so würde das Gericht sogar über 70 g Eiweiß auf einen Schlag liefern!

Tipp: Sollte das Kochen oder Zubereiten von Hauptmahlzeiten gerade nicht möglich sein (auch nicht in Form von “Meal Preps”), so kann man sich mit Proteinpulver behelfen. Dieses kann man jederzeit in einen Shaker oder in andere Speisen wie Porridge hinzugeben und relativ schnell aufnehmen, auch wenn man gerade mal weniger Appetit hat. Dies gilt vor allem direkt nach einer intensiven Trainingseinheit, da man dem sportinduzierten Eiweißabbau schnellstmöglich entgegenwirken möchte. Als beste isolierte Proteinquelle gilt das Molkenprotein (im Englischen “Whey protein”), da es die höchste biologische Wertigkeit aufweist und zudem leicht verdaulich ist. Für die maximale Muskelproteinsynthese Post-Workout sind Mengen zwischen 20-25 g Molkenprotein zu empfehlen – mehr kann unser Eiweißstoffwechsel nicht so effektiv in Bausteine umsetzen (Phillips & Van Loon, 2011).

Das Wesentliche: Ein gesunder Mensch sollte täglich mindestens 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht zu sich nehmen. Der kraft- und ausdauertrainierte Sportler hingegen sollte seine Eiweißmenge auf bis zu 1,6 g pro kg Körpergewicht erhöhen. Eine höhere Eiweißzufuhr (> 1,6 g/kg/Tag) bringt aus  wissenschaftlicher Sicht und unter normalen bzw. gesunden (isokalorischen) Bedingungen keine weiteren Vorteilen.

Ob Sport oder nicht – Eiweiße werden in unserem Körper ständig aufs Neue auf- und abgebaut

Auch ein hauptsächlich sitzender Mensch muss Eiweißverluste ausgleichen, indem er genug Eiweiß über die Nahrung zuführt. Eine eiweißreiche Ernährung reduziert außerdem den Verlust an Muskelmasse (ganz ohne Sport).

Im Grunde genommen wird nahezu jede Zelle in unserem Körper mindestens einmal im Leben abgebaut, um sie dann wieder neu aufbauen zu müssen. Dies ist ein sinnvoller und völlig normaler Prozess in unserem Körper, der unser langes Überleben sichert.

Nimmt man nun alle Eiweiße zusammen, können beispielsweise bei einem etwa 70 kg schweren Mann an nur einem Tag ca. 280 g Eiweiß im Körper abgebaut werden. Dies merken wir jedoch nicht, da unser Körper dieses verlorene Eiweiß über den Tag hinweg auch wieder aufbaut. Logischerweise beträgt die Eiweißsynthese auch wieder ca. 280 g, sodass man bei einer Nullbilanz endet. Sollte sie zumindest, da wir sonst wertvolle Magermasse (z. B. Muskel- oder Knochengewebe) verlieren.

Unser Körper muss sekündlich Zellschäden reparieren, die nicht vermeidbar sind. Auch wenn die Zelle nicht direkt geschädigt wurde: Jedes Protein hat eine festgelegte Lebensdauer. Die durchschnittliche Lebensdauer eines roten Blutkörperchens liegt bspw. bei etwa 120 Tagen. Zellen im Magen und Dünndarm halten es manchmal keinen einzigen Tag aus bis sie „ausgetauscht“ werden müssen.

In der Realität ist dieser ständige Auf- und Abbau ein wesentlich komplexerer Prozess. So komplex, dass man bis heute nicht ganz genaue Richtwerte angeben kann, wie viel Eiweiß wir tatsächlich am Tag verlieren oder zusätzlich aufbauen. Dies hängt nämlich wesentlich von unserer körperlichen Aktivität und unserer Ernährungsweise ab. Insgesamt weiß man nur, dass der Körper zu bestimmten Zeiten auch mal mehr Eiweiß abbaut als er wieder aufbaut. Dem müssen wir entgegenwirken – und das tun wir auch tagtäglich -, indem wir Eiweiße über die Nahrung zuführen. Und dank zahlreicher wissenschaftlicher Studien aus den letzten Jahrzehnten wissen wir nun auch ziemlich genau, wie viel Eiweiß für uns optimal ist.

Das Wesentliche: Menschliche Zellen sind nicht für die Lebensdauer eines Menschen konzipiert. Aus diesem Grund wird sekündlich Eiweiß ab- und aufgebaut. Je nach Körperzelle kann dies Tage, Wochen oder Jahre dauern. Dies erklärt unseren Grundbedarf an Eiweiß von mind. 0,8 g/kg/Tag bei Erwachsenen. Sport sowie einhergehende Trainings- und Belastungsreize sowie Zellschäden (bis hin zu Verletzungen) sind mit erhöhten Eiweißumsätzen verbunden. Dies erklärt unseren zusätzlichen Bedarf an Eiweiß, der sich auf bis zu 1,6 g/kg/Tag erhöhen kann.

Und wie viel Eiweiß nimmst du am Tag zu dir?

Schreib uns, wie viel Eiweiß du am Tag zu dir nimmst und warum! Das würde uns sehr interessieren. Gibt es außerdem weitere Themen, die dich zum Eiweißbedarf interessieren? Oder hast du grundlegend noch offene Fragen? Immer her damit – wir beantworten sie gerne!

Esst eiweißbetont & lecker!
Adrian Famula aka Famulus

Quellen:

  • Morton, R. W., Murphy, K. T., McKellar, S. R., Schoenfeld, B. J., Henselmans, M., Helms, E. et al. (2018). A systematic review, meta-analysis and meta-regression of the effect of protein supplementation on resistance training-induced gains in muscle mass and strength in healthy adults. British journal of sports medicine, 52 (6), 376-384.
  • Phillips, S. M. & Van Loon, L. J. C. (2011). Dietary protein for athletes: from requirements to optimum adaptation. Journal of sports sciences, 29 Suppl 1, S29-38.
  • Rodriguez, N. R., Di Marco, N. M. & Langley, S. (2009). American College of Sports Medicine position stand. Nutrition and athletic performance. Medicine and science in sports and exercise, 41 (3), 709-731.
  • Tarnopolsky, M. (2004). Protein Requirements for Endurance Athletes. European Journal of Sport Science, 4 (1), 1-15.

 

Adrian Famula

Adrian hat sich spezialisiert auf Beiträge und Artikel zur Sport- und Ernährungswissenschaft. Seit seiner Jugendzeit beschäftigt er sich in seiner Freizeit mit sport- und ernährungsrelevanten Themen. Dies ist seinem Typ-1-Diabetes zu "verdanken", den er mit 13 Jahren diagnostiziert bekam. Auf YouTube kennt man ihn unter dem Namen ‚Famulus‘. Den Kanal hat er während seiner Abiturzeit gegründet und seitdem wurden seine Videos über eine Million Mal von Schülern, Lehrern und Dozenten sowie von anderen Interessenten angeklickt. Seine Philosophie: »Ausgelernt hat man nie. Jeden Tag lerne ich etwas Neues dazu. Deshalb freue ich mich immer über kritische Rückmeldungen und über konstruktive Kritik zu allem, was du von mir siehst, hörst und liest!« Instagram: @adrian_famula YouTube: Famulus Website: www.adrian-famula.de
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3 Kommentare
  1. Andreas
    Andreas sagte:

    Toller Artikel! Was ich schon lange vermutet habe – dass weniger Eiweiss benötigt wird als vielfach für Sportler angegeben – bestätigen offenbar die Studien. Ich habe einfach keinen Effekt festgestellt bei der erhöhten Eiweissaufnahme. Außer Verdauungsprobleme und in der Folge eine drastisch verminderte Nährstoffaufnahme und weitere Probleme. Mit einigen auf den Tag verteilten kleineren Eiweissmengen im Trennkostverfahren fahre ich sprichwörtlich am besten. Den whey Eiweissshake nach einer intensiven Traingseinheit vertrage ich am leichtesten ohne jede Probleme und der ist gefühlt in 30 Minuten im Körper angekommen. Dann gibt’s weitere Kost mit etwas von Allem…
    Eine Frage stellt sich mir dennoch: Unter welchen Umständen wird maximal viel Eiweiss aus der Nahrung aufgenommenen? Der o. g. Shake funktiniert schonmal auf leeren Magen und Zeit und Menge sind rein aus der Erfahrung festgelegt. Morgens geht auch gut ein Shake (ich mixe so gut wie alles…was ein extrem langes Kauen simuliert) aus Wasser, Banane, Zimt, Haferflocken, ein paar Rosinen, Hanfprotein, Kokosraspel, Haselnuss/Mandelmehl. Das hält eine Weile satt und ideal als Tagesstarter. Seit ich verarbeitete Weizenprodukte weglasse, gehts mir auch deutlich besser. Ich habe den Eindruck, dass jede andere Nahrung viel besser aufgenommen wird, wenn die Verdauung nicht durch Brot, Nudeln oder Ähnlichem behindert wird. Ich denke mir halt, dass der Körper erst einmal eine ganze Reihe an Nährstoffen braucht, um dann – wenn alles vorhanden ist – überhaupt eine möglichst vollständige Eiweiss Verstoffwechselung machen zu können. Ich möchte im Grunde die Menge der Nahrung reduzieren, die Qualität der Zusammensetzung aus Makro- und Mikronährstoffen erhöhen. Gleichzeitig die richtigen Dinge zu mir nehmen, in der richtigen Zusammensetzung und zur richtigen Zeit. Das ist eine noch andauernde Experimentierphase. Gar nicht selten trinke ich nochmal 2 Stunden vor dem Zubettgehen (nach einem intensiven Sporttag) einen Becher Kefir, der mir sehr gut bekommt.
    Übrigens halte ich das Ei für eines besten Eiweissquellen. In der Woche 10 bis 20 Eier sind keine Seltenheit und der ach so kritische Cholesterinwert interessiert mich schon lange nicht mehr, denn mein Spiegel ist vollkommen normal. Auch gekeimtes Saatgut oder gekeimte Linsen sind (gemixt mit Banane, Milch/Wasser) supergut verdaulich und liefern gutes Eiweiss. Wenn ich nach 150 Kilometern auf dem Rad nach kurzer Zeit wieder fit bin, weiss ich, dass etwas richtig läuft mit der Ernährung…und dank der konkreten Angaben zum Eiweiss und den Effekten aus dem Artikel kann ich bei dem Thema eigentlich einen Decke draufmachen 🙂

    Antworten
    • Adrian Famula
      Adrian Famula sagte:

      Hey Andreas, erstmal vielen Dank für das Lob! 🙂

      Aus meiner Erfahrung als Typ-1-Diabetiker kann ich bestätigen, dass Whey Protein auf nüchternem Magen relativ schnell verstoffwechselt wird, was sich bei mir an einem Blutzucker-Peak bemerkbar macht. Das ist bei Eiweißzufuhr normal, nur tritt dieser Effekt normalerweise erst Stunden nach der Zufuhr auf… beim Proteinpulver sehr viel schneller und mit deiner Erfahrung vergleichbar!

      Ich muss gestehen, dass deine Frage sehr anspruchsvoll ist. Hier geht es ja schon um das Ausschöpfen des optimalen Potenzials bei der menschlichen Ernährung und da muss man auch beachten, dass dies von Mensch zu Mensch sehr variieren kann, da manche Personen eben das eine Lebensmittel sehr gut vertragen und andere wiederum nicht. Das Pürieren scheint ein guter Ansatz zu sein, um eine Flächenvergrößerung für die Resorption im Verdauungstrakt vorzugeben. Ähnlich verhält es sich mit Proteinpulver, da auch hier die Proteine viel leichter verdaulich und resorbierbar sind. Nicht auszuschließen ist, dass bestimmte Ballaststoffe die Resorption durch bspw. verkürzte Verweildauer im Verdauungstrakt eher hemmen. Allerdings sollte man solche Aspekte immer mit Vorsicht angehen, da Ballaststoffe u. a. auch eben sehr gesundheitsfördernd und sättigend sind sowie für eine vollwertige Ernährung unerlässlich.
      Wo ich nicht zustimmen kann, da es hierfür keinen Beleg gibt, ist die Annahme, dass der Körper bestimmte Nährstoffe braucht, um Eiweiße optimal zu verstoffwechseln. Wäre dem so, hätten wir wohl vielerlei medizinische Probleme vorliegen. Tatsächlich funktionieren viele Stoffwechselwege völlig unabhängig voneinander und das ist auch gut so. Wie effektiv und effizient etwas metabolisiert wird ist eher eine Frage der genetischen Veranlagung. Was aber auf jeden Fall relevant und vielfach aufgezeigt worden ist: Zusammensetzungen und Timing sind entscheidend, ja!

      Das Vollei ist eines der besten Eiweißquellen, keine Frage! Auch ein Mix aus verschiedenen pflanzlichen Eiweißquellen ist vergleichbar mit einer tierischen Eiweißquelle. Aus diesem Grund kann ich diesem Aspekt nur zustimmen und freue mich, dass es bei dir so gut läuft und vor allem, dass dir mein Beitrag helfen konnte! 🙂

      Antworten
  2. Felix
    Felix sagte:

    Klasse Artikel!

    anstatt “.. Zuwächsen der freien Fettmasse..” muss es wohl eher “Zuwächse der fettfreien Masse” heißen, oder?

    Antworten

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