mTOR ist ein wichtiges, in allen Säugetieren vorkommendes Regulatorenzym. mTOR aktiviert Proteine und Enzyme und löst eine Vielzahl von Signalwegen in der Zelle aus.
Hintergrundwissen mTor: Der vollständige Bezeichnung von mTor lautet “mechanistic Target of Rapamycin”, auf deutsch: Ziel des Rapamycins im Säugetier. Rapamycin wiederum wird als Medikament zur Hemmung des Immunsystems eingesetzt und war vor einigen Jahren wegen dem möglichen “Anti-Aging”-Effekt in den Medien. Dieser Anti-Aging-Effekt kommt von der Unterdrückung der mTor-Aktivität.
Die Aktivierung von mTOR fördert das Zellwachstum, die Proteinbiosynthese, die Zellteilung und die Zellmotilität. D.h. eine Aktivierung von mTOR wirkt leistungssteigernd, wachstumsfördernd, muskelaufbauend und wundheilend. Eine mTOR-Aktivierung ist notwendig und zweckmäßig wenn z.B. die Wundheilung gefördert werden soll oder neues Gewebe zu bilden ist. Eine übersteigerte mTOR-Aktivierung (z.B. durch ständige Nährstoffzufuhr oder zelluläre Dysfunktionen) ist ein hoher Risikofaktor und wird mit vielen Krankheiten in Verbindung gebracht.
Beispiele wären
Fettleibigkeit (metabolisches Syndrom),
Akne vulgaris (das metabolische Syndrom der pilosebaceous Follikeleinheit),
Typ 2-Diabetes,
Depressionen,
Alzheimerkrankheiten,
Parkinson,
Bestimmte Krebsarten,
Bestimmte Autoimmunkrankheiten.
Wie wird mTOR aktiviert?
Folgende Faktoren aktivieren den mTOR-Wachstumssignalweg:
hohe Blutspiegel von essentiellen Aminosäuren (zB. L-Leucin),
hohe Blutspiegel von Glucose,
hohe Blutspiegel von Wachstumsfaktoren (z.B. Insulin, IGF-1),
Das heißt, eine starke Aktivierung von mTOR erzielt man durch Nahrungsüberfluss, aktives mTOR wirkt anabol und fördert die Proteinsynthese.
Wie wird mTOR gehemmt?
Eine längere Hemmung von mTOR ist notwendig und zweckmäßig um Entzündungsvorgänge zu verringern und zelluläre Regenerations- und Reparationsvorgänge (Autophagie) zu erhöhen. Autophagie tritt nur dann in Erscheinung, wenn der mTOR Signalweg gehemmt ist. Der stärkste derzeit bekannte Reiz für die Autophagie ist das Fasten und der Nahrungsmangel. Das heißt, eine starke Hemmung von mTOR erzielt man durch Nahrungsmangel (Fasten), gehemmtes mTOR wirkt regenerativ und fördert die Mitochondrien-Biogenese.
Hintergrundwissen Autophagie: Für die Entdeckung der Autophagie erhielt Herr Ohsumi 2016 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Als Autophagie wird ein zellulärer Reinigungsprozess bezeichnet, bei dem beschädigte oder nicht mehr benötigte Zellbestandteile zerlegt und abgebaut oder zu neuem „frischen“ Zellbestandteilen wieder verwertet (recycelt) werden. Die Zellen können dadurch regenerieren, besser funktionieren und bleiben länger lebensfähig. Wenn die Autophagie gestört ist (zB durch viele über den Tag verteilte kleine Mahlzeiten) zeigen die Zellen immer mehr Dysfunktionen sowie eine vorzeitige Alterung.
Ist mTOR gut oder schlecht?
Aktiviertes mTOR bedeutet Zellwachstum, gehemmtes mTOR bedeutet zelluläre Selbstreinigung. In einer funktionstüchtigen gesunden Zelle ist eine Balance zwischen diesen beiden Zuständen gegeben. In der Biologie sind Zyklen wichtig, die im Gleichgewicht zueinander stehen. Zyklen wie Tag / Nacht, schlafen / aktiv sein, essen / fasten, Gas geben / bremsen beschreiben diesen Zustand am besten. Permanentes Aktivsein und Wachsein wird einen krank machen ebenso wie permanentes Schlafen. Ein gesunder Zyklus bei mTOR bedeutet einerseits eiweißreicher Nahrungsüberfluss bei intensivem Training oder starker körperlicher Arbeit und andererseits Diät bzw. temporäres Fasten in Ruhezeiten.
Welche medizinische Bedeutung hat mTor?
mTOR-Inhibitoren sind Arzneistoffe, die den mTOR-Signalweg hemmen
mTOR-Hemmung führt zu einer Unterdrückung des Immunsystems (zB bei Organtransplantationen um eine mögliche Abstoßungsreaktion zu verringern – aber dadurch auch vermehrte Wundheilungsstörung),
mTOR-Hemmung in der Onkologie (mTOR wirkt anregend auf das Wachstum von Krebszellen,
mTOR-Hemmung bei Stentversorgung von verschlossenen Herzkranzgefäßen (der Stent ist mit einem mTOR-Inhibitor benetzt, um einen erneuten Gefäßverschluss durch Gewebsneubildung zu verhindern).
Gibt es mTOR-Inhibitoren die keine Arzneimittel sind?
Ja, der stärkste Reiz zur mTOR-Hemmung ist das temporäre Fasten (temporär deswegen, weil die Zelle keine Autophagie mehr betreibt, wenn der Aminosäurepool in der Zelle zu stark absinkt).
Unterstützend wirken mTOR hemmend Melatonin, Vitamin D, Alphaliponsäure, bestimmte Polyphenole (zB im schwarzen, ungesüßten Kaffee), Oleocanthal und Oleuropein (z.B. in Olivenöl und Olivenblattextrakt).
Das Wesentliche: Ein gesunder Organismus braucht sowohl mTor-Aktivierung, als auch mTor-Hemmung, idealerweise in natürlichen Zyklen. Ist mTor aktiviert werden Zellen aufgebaut (u.a. Muskelaufbau) und die Wundheilung gefördert. Eine Hemmung von mTor hingegen reduziert Entzündungen, erhöht die Reparaturvorgänge im Körper (Autophagie) und fördert daher auch die Langlebigkeit. Zur Optimierung der eigenen Gesundheit gilt es seinen praxistauglichen “Sweet-Spot” zu finden, indem nach einer Phase der mTor-Aktivierung eine Phase der mTor-Hemmung folgt, beispielsweise durch die Kombination einer eiweißreichen Kost und körperlicher Betätigung, gefolgt von Kurzzeitfasten.
https://sportbionier.com/wp-content/uploads/mTor-Titelbild.png232395Philip Koblerhttps://sportbionier.com/wp-content/uploads/LOGO_blue-hor-400.jpgPhilip Kobler2019-06-30 20:30:022020-07-27 08:12:47Die Rolle von mTor beim Muskelaufbau und beim Fasten
Das Interview führte Emanuel Ch. Ziegler, Gründer von SPORTBIONIER
Herr Dr. Matthai, Sie sind Gynäkologe, Hormonspezialist, Ernährungs-, Sport- und Vitalstoffmediziner. Darüber hinaus schreiben Sie Bücher, halten Vorträge, trainieren mehrmals wöchentlich, engagieren sich in diversen Sozialprojekten und erleben privat auch noch Familienabenteuer mit Ihren Liebsten. Wie können Sie dauerhaft so viel Energie aufrecht erhalten und gleichzeitig so entspannt wirken? Was ist Ihr Geheimnis?
*lacht* Eine schöne Frage. Ich glaube, dass das bei mir auf viele Faktoren zurückzuführen ist. Der Sport spielt jedoch eine ganz zentrale Rolle. Ich profitiere immens von körperlicher Betätigung und ich empfinde Sport überhaupt nicht als Belastung. Ich trainiere 6x die Woche. Sport ist für mich ein guter Ausgleich zur beruflichen Beanspruchung. Die Entspanntheit ist ebenfalls ein zentraler Teil meines Lebens und diese kommt mit meinem zunehmenden Lebensalter. Zusätzlich bin ich ein sehr strukturierter, konsequenter und ehrgeiziger Mensch. Das heißt, ich habe einen ganz konkreten Tagesablauf und den verfolge ich akribisch. Trotz viel Arbeit entsteht dadurch relativ wenig Stress.
Das hört sich tatsächlich wie ein Erfolgsrezept an. Wie sieht so ein typischer Tag bei Ihnen aus?
Damit mein Morgen nicht hektisch beginnt, starte ich meinen Tag mit frühem Aufstehen. Das empfehle ich auch vielen Patienten. Gerade jenen, die sagen, dass sie für Frühstück keine Zeit haben. Ein wenig früher aufzustehen, bringt viel Entspannung mit in den Tag. Nach dem gemeinsamen Frühstück mit meiner Familie, fahre ich zur Arbeit und bin meistens schon eine dreiviertel Stunde vor der Öffnung meiner Ordination vor Ort, um mich in Ruhe auf den Tag vorbereiten zu können. Ich lasse auch nichts an Arbeit anstehen. Ich schiebe nichts auf. Am Ende des Tages, nach dem Sport, kommt der Tagesabschluss, bei dem ich einerseits den Tag reflektiere und auch überlege, was für den nächsten Tag wichtig ist. Ich gehe relativ früh ins Bett. Sport und Beruf brauchen viel Erholung, daher bin ich allerspätestens um 23 Uhr im Bett, um auf mindestens 7 Stunden Schlaf zu kommen.
Würden Sie meinen, dass man genauso viel Konsequenz und Disziplin braucht, um sich gesund zu ernähren?
Nein, denn schlussendlich geht es darum, dass das Verhalten zu einer automatischen und somit zu einer gesunden Gewohnheit wird. Wichtig in diesem Fall ist auch ein Grundwissen über Ernährung, um nicht in die vielen Ernährungsfallen zu tappen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man nach einem Supermarkteinkauf mit ungesunden Lebensmitteln nach Hause kommt, ist sehr groß.Die Unwissenheit und die Zeitnot erhöhen nochmals die Wahrscheinlichkeit, dass man sich ungesund ernährt.
Ich nehme wahr, dass für viele das Thema „Gesunde Ernährung“ verwirrend ist. Häufig höre ich Aussagen wie „Jeder Arzt sagt was anderes“. Hinzu kommt, dass Ernährungsbücher oft in einem wissenschaftlichen Deckmantel daher kommen, um fundiert und seriös zu wirken. Was ist Ihr Fazit?
Meine Grundbotschaft lautet, dass richtige Ernährung etwas sehr individuelles ist: Wir verdauen alle unterschiedlich. Wir haben unterschiedliche Geschmäcker. Jeder sollte seinen Weg finden, indem man Dinge ausprobiert und so herausfindet, was einem gut tut und was nicht.Es gibt natürlich einen roten Faden und Basissäulen, an denen man sich orientieren kann, wie zum Beispiel viel Gemüse, Obst, gesunde Fette, wenig Fleisch, wenig Zucker, wenig Alkohol. Das ist nichts Neues und auch nicht aufregend. Viele sind an extremen und neuartigen Diätformen interessiert. Doch meistens ist der neueste Trend nicht die geeignete Art der Ernährung. Es bedarf eines gewissen Interesses und einer Zeitinvestition, um herauszufinden, was mir gut tut und was ich davon auch in der Praxis umsetzen kann. Die beste Empfehlung bringt nichts, wenn sie nicht praxistauglich ist.
Herr Dr. Matthai, haben Sie für sich ihre gesunde Ernährung gefunden?
Ich weiß was mir gut tut und was mir nicht gut tut. Ich vertrage z.B. Fruchtzucker schlecht, daher esse ich wenig Obst. Daher muss ich leider eine große und gesunde Lebensmittelgruppe ausschließen. Gesund heißt für mich somit auch, dass ich nicht immer alle Lebensmittel integriere, die potentiell gesund sein könnten. Ich hab meine gesunden Lebensmittel gefunden und ernähre mich sehr gesund. In der Familie essen wir selten bis nie Gebackenes oder Frittiertes. Wir leben nicht zuckerfrei, gehen aber sehr bewusst mit diesem Thema um. Ab und an gönne ich mir Sünden, die sich jeder gönnen sollte, weil der Genussfaktor auch wichtig ist.
Das Mindset von Hormonexperte Dr. Christian Matthai: Reflexion und Mäßigung.
Meine Frau Jacqueline war nach der Geburt unseres 3. Kindes mit ihrem Körper sehr unzufrieden, weil sie sich nach einem schlanken und straffen Körper sehnte. Ich kann mir vorstellen, dass Sie als Gynäkologe mit diesen Gewichtssorgen bzw. dem Wunsch eines schönen Körpers täglich zu tun haben. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, wie es gelingt einen gesunden Körperfettanteil zu erreichen und diesen dann auch zu halten?
Das ist tatsächlich ein sehr präsentes Thema – von der ganz jungen Frau bis hin zur Frau in der Post-Menopause. Es ist nicht nur die Auswirkung der Anti-Baby-Pille auf das Gewicht, sondern es gibt auch viele Hormonstörungen, die durch Übergewicht erst entstehen. Die größte Problemgruppe sind Frauen im Wechsel. Da ändert sich nicht nur die Körperzusammensetzung, sondern auch der Hormonhaushalt. In fast allen Fällen kommt es dadurch zu einer Gewichtszunahme.Ich bemühe mich meine Patientinnen ganzheitlich zu unterstützen und zu betreuen. Das reicht von einer Ernährungsberatung bis hin zur Unterstützung mit Hormonen. Manchmal empfehle ich auch sehr strikte Diäten. In manchen Lebensphasen ist es notwendig, die Kalorienzufuhr deutlich zu reduzieren, um eine Gewichtsabnahme zu ermöglichen.Wenn das gelingt, ist die nächste Herausforderung das Gewicht dann auch zu halten. Ich versuche meinen Patienten klar zu machen, dass eine Diät initial notwendig ist, um Gewicht zu verlieren, aber letztlich muss man zu einer Ernährung finden, die man sein Leben lang durchziehen kann und will. Viele Menschen machen Diäten und denken nur kurzfristig. Wenn man nach 8 Wochen sein Gewichtsziel erreicht hat, dann ist man nicht am Ziel. Denn dann geht es erst los! Man sollte sich eine Diät zurecht legen, die man gerne den Rest seines Lebens einhält.
Welche Rolle spielen Proteine beim Abnehmen und beim Halten vom Wunschgewicht?
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass Frauen oft zu wenig Eiweiß zu sich nehmen. Gerade bei einer kalorienreduzierten Diät sind Proteine sehr wichtig, weil sonst die Muskelmasse verloren geht. Oft werde ich dann gefragt: „Soll ich mehr Fleisch essen?“ Nein, denn grundsätzlich ist es ratsam, wenig Fleisch zu essen, aber wir müssen dafür sorgen, dass die Eiweißzufuhr stimmt. Manche mögen gewisse Proteinquellen wie Fisch, Meeresfrüchte oder Sojaprodukte nicht und somit fällt schon einiges weg. Aus diesem Grund bin ich auch ein Fan von Proteinshakes geworden – sie machen die Eiweißaufnahme so unkompliziert. Speziell in Diätphasen kann man damit sehr leicht auf eine gewünschte Eiweißmenge kommen. Hinzu kommt der sättigende Effekt, der vom Eiweiß ausgeht.
Neben einer naturbelassenen Ernährung und einem aktiven Lebensstil ist auch die Erholung, die Regeneration, … kurz die Abwesenheit von Stress nicht nur wichtig beim Abnehmen, sondern auch essentiell um Trainingsfortschritte zu machen. Welche Tipps haben Sie, um mit dem Thema Stress besser umzugehen?
Die Idee „Stress zu meiden“ ist für 99% komplett utopisch. Ich mag den Satz: „Lassen sie sich nicht stressen“ nicht, weil Stress muss nicht unbedingt schlecht sein. Wir leben in einer Zeit, wo wir fast alle täglich in Stresszustände kommen. Das ist nicht das Problem. Es ist die Dis-Balance zwischen Anspannung und Entspannung. Wenn diese Balance gekippt ist, geht das an die Substanz des Körpers. Wenn das zu lange bestehen bleibt, werden wir krank. Ich versuche selbst mit Stress gut umzugehen oder diesen zu kompensieren und empfehle das auch meinen Patienten: Etwa über den Sport, über die Ernährung und auch, ganz bewusst, über die Zufuhr mit Nahrungsergänzungen. Trotz meiner 60-65 Arbeitsstunden pro Woche und fast täglichem Sport, habe ich nicht das Gefühl, dass mir die Luft ausgeht. Man muss ein Bewusstsein dafür entwickeln, wann man einen Gang zurückschalten muss. Es ist äußerst ratsam sich in Mäßigung zu üben und im Maß halten können diszipliniert ist. Beispielsweise habe ich nie einen Vollrausch. Ich trinke ab und an gern ein Achterl Wein, aber ich vermeide große Mengen von Alkohol, weil das sonst das gesamte Konstrukt ins Wackeln bringt. Gerade während der Arbeitswoche darf eine gewisse Alkoholmenge nicht überschritten werden, weil sich das sonst auf die Erholung und Regeneration auswirkt und somit die eigene Balance gefährdet ist. Ganz ähnlich ist es beim Schlaf. Ich gehe wochentags niemals spät in der Nacht ins Bett. Das ist mir heilig.
Wissen und Umsetzung sind leider zwei unterschiedliche Dinge. Auch, wenn man viel weiß, heißt das leider noch lange nicht, dass einem die Umsetzung gelingt. Haben Sie Tipps dazu?
Wichtiger als das Wissen, ist das Reflektieren und das mit sich selbst beschäftigen. Darauf achten: Was tut mir gut und was tut mir nicht gut? Ich bekomme beispielsweise aufgrund des aktuellen Trends öfter die Frage gestellt, ob es denn Sinn macht auf Gluten zu verzichten. Ich rate meinen Patienten dann es einfach auszuprobieren und herauszufinden, was dann passiert. Es gibt viele die lassen Gluten einfach pauschal weg ohne sich darüber Gedanken zu machen, welche wertvollen oder genussvollen Lebensmittel dadurch wegfallen und ohne darüber zu reflektieren, was das Ziel oder der Nutzen des Verzichts sein könnte. Die allermeisten berichten dann übrigens, dass sie nach einem Glutenverzicht keine nennenswerten Veränderungen feststellen konnten. Man muss einfach ein wenig reflektieren, sich mehr mit dem eigenen Körper und mit der eigenen Seele beschäftigen, dann kann man relativ schnell und zuverlässig erkennen, was ist für mich gut geeignet und was soll ich lieber meiden.
Herr Dr. Matthai, Sie sind auch Anti-Aging Experte. Was sind Ihrer Meinung nach die größten und wichtigsten Faktoren, um gesund alt zu werden?
Im Rahmen eines meiner Bücher habe ich meine Großmutter interviewt, die jetzt im Juli 100 Jahre alt wird. Leider konnte sie mir keine klare Anleitung geben, wie man so alt wird. Doch nach allem, was ich persönlich herausgefunden habe, gibt es zwei Faktoren, die womöglich den größten Einfluss darauf haben, wie man gesund alt wird:
Schlank sein und schlank bleiben. Trends, wie das intermittierende Fasten oder auch längere Fastenperioden, in denen man wenig Kalorien zuführt, sind für die Erneuerung und Verjüngung der Zellen (Autophagie) eine wertvolle Sache.
Auf der anderen Seite: Balance im Leben finden.
Meine Großmutter hat etwas gemacht, das wenig Menschen machen: Sie betet jeden morgen um 5 Uhr für etwa zwei Stunden und das seit mindestens 50 Jahren. Das ist für sie so etwas wie Meditation. Dabei geht sie in sich und ist ungestört. Meditation ist ja, wie wir wissen, ein großartiges Werkzeug um Stress abzubauen und die Balance wieder herzustellen. Neben körperlicher Betätigung, dem Vermeiden von Rauchen, Alkohol, und Zucker, sind das Halten eines geringen Anteils an Körperfett kombiniert mit bewussten Fastenzeiten, sowie das tägliche Streben nach Balance zwischen Be- und Entspannung die wichtigsten Faktoren um möglichst lange gesund zu bleiben.
Nun zur letzten Frage: Was ist Ihrer Meinung nach im Bezug auf das Thema Gesundheit DER Faktor, der von den allermeisten Menschen unterschätzt wird und daher zu wenig Aufmerksamkeit bekommt?
Die meisten Menschen unterschätzen die Wirkung der Nahrung, die wir Tag für Tag in uns aufnehmen und verstoffwechseln. Ich animiere meine Patienten dazu, sich bewusst mit dem Thema Ernährung auseinander zu setzen. Nehmen Sie sich Zeit, gehen Sie in den Supermarkt und schauen Sie sich die Zutatenliste der Produkte, die Sie regelmäßig konsumieren, ganz genau an. Überlegen Sie sich gut, ob Sie dieses Produkt mit all dem, was darin enthalten ist (vielleicht Zucker, Farbstoffe, Geschmacksverstärker, künstliche Aromen, etc.) dauerhaft und regelmäßig zu sich nehmen wollen. Machen Sie sich Gedanken darüber, was Sie jeden Tag mehrmals oft unbewusst in sich hineinschaufeln.
Herr Dr. Matthai, vielen Dank für das Gespräch.
https://sportbionier.com/wp-content/uploads/portrait2018_kl.jpg600404Philip Koblerhttps://sportbionier.com/wp-content/uploads/LOGO_blue-hor-400.jpgPhilip Kobler2019-06-22 20:02:172019-07-19 23:12:18Die wichtigsten Faktoren um gesund alt zu werden. Interview mit Dr. Christian Matthai
Wer sich mit seiner eigenen Gesundheit beschäftigt und sie mit Sport positiv beeinflussen möchte, der stolpert früher oder später über die Frage, was den größten Einfluss darauf hat: Kraft- oder Ausdauertraining – was ist besser für die Gesundheit?
Eine Diskussion, die ich im Fitnessstudio immer wieder erlebe und die beinahe philosophische Ausmaße annimmt. Grundlegend für die Beantwortung sollte die Frage nach dem Ziel sein: Was möchte ich mit der körperlichen Aktivität erreichen? Willst du einen Marathon schaffen? Dann ist die Antwort recht eindeutig. Willst du Muskeln aufbauen und einen starken Rücken entwickeln? Auch hier liegt die Antwort nahe. Möchtest du besser Aussehen, deine Gesundheit verbessern oder Krankheiten vorbeugen? Hmm … an diesem Punkt wird es schwammig und es spalten sich die Geister.
An dieser Stelle soll dieser Beitrag ansetzen und die Frage beantworten, ob Kraft- oder Ausdauertraining besser für bestimmte gesundheitliche Parameter ist (Wohlbefinden, Krankheitswahrscheinlichkeit, optisches Erscheinungsbild).
Kraftsport
Kraftsport ist ein sehr großer Begriff, der sicherlich bei jedem Leser für andere Assoziationen sorgt. Distanzieren möchte ich mich in dieser Bewertung von Bodybuilding, Powerlifting oder Crossfit. Um es recht platt zu formulieren bedeutet Kraftsport zwei- bis dreimal pro Woche schwere Dinge zu heben, um dadurch Wachstumsreize für Muskeln, Knochen und andere Systeme unseres Körpers zu setzen. Mehr braucht ein gesundheitsorientierter Sportler im Grunde nicht zu tun.
Die Evidenz zur Wirksamkeit des Kraftsports ist überwältigend, was sicher auch nicht verwunderlich ist: [1]
Kraftsport bremst den altersbedingten Muskelabbau, der pro Dekade bei 3 – 8 Prozent liegen kann
Krafttraining kann den Stoffwechsel anregen, reduziert den Blutdruck, verbessert das Fettsäureprofil im Blut und beseitigt Störungen in der Blutzuckerregulation (Diabetes)
auf kognitiver Ebene verbessert sich das Selbstbewusstsein, Müdigkeit wird beseitigt und depressive Symptome werden reduziert
regelmäßiges Training mit schweren Gewichten kann Erkrankungen positiv beeinflussen, darunter die TOP 3 Erkrankungen Koronare Herzkrankheit / Herzinfarkt, Demenz und COPD (chronische Lungenerkrankung)
eine weitere stärke des Krafttrainings erfährt man unmittelbar nach dem Training: eine bessere Stimmung, ein verbessertes Hormonprofil → kurz gesagt, es fließt wieder Leben durch deine Adern
Wie du sieht, bietet Krafttraining schon eine große Palette an Gesundheitseffekten. Zu beachten ist, dass Krafttraining Ressourcen benötigt, wobei ich vor allem auf Nahrung anspiele. Krafttraining zwingt deinen Körper zu Anpassungsmechanismen (Adaption). Dafür werden Energie in Form von Fetten und Kohlenhydraten, Aminosäuren und Vitamine und Nährstoffe benötigt. Regeneration in Form von Schlaf ist natürlich auch nötig, damit du von den Effekten des Krafttrainings bestmöglich profitierst!
Ausdauersport
Ausdauersport kann sich mit einer ebenso hohen Evidenz wie Kraftsport brüsten. In Studien finden sich nahezu dieselben Effekte auf Erkrankungsbilder: [2][3]
Ausdauersport wirkt präventiv und therapeutisch bei Diabetes, Demenz oder Herzerkrankungen
besondere Effekte ergeben sich auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das metabolische Syndrom
genauso zeigen sich positive Effekte Krebserkrankungen
Ausdauersport hebt die Stimmung
Auch hier distanziere ich mich von exzessiven Sportarten wie Triathlon, Marathon oder Crossläufe. Diese Sportarten sind keinesfalls schlechter, sie sollten jedoch extra bewertet werden, da sie anderen Zielen folgen. Hier verstehe ich Ausdauersport als eine regelmäßige moderate Tätigkeit, die das Herz-Kreislauf-System beansprucht – platt gesprochen wäre dies die typische Jogging-Runde nach der Arbeit.
Das Wesentliche: Egal, ob Kraft- oder Ausdauersport – körperliche Bewegung an sich hat einen sehr stark positiven Einfluss auf deine Gesundheit.
Unterschiede zwischen Kraft- und Ausdauertraining
Auf molekularer Ebene ergeben sich jedoch Unterschiede. Ausdauertraining aktiviert hauptsächlich den AMPK Signalweg, der sich auf mitochondrialer Ebene. Ausdauertraining erhöht also die Anzahl deiner Mitochondrien (Kraftwerke deiner Zellen). Das ist ein sehr wichtiger Signalweg, da er für einen funktionierende Stoffwechsel entscheidend ist und sich in mehr Ausdauer und Lebensenergie äußern wird (Abb. 1).
Krafttraining funktioniert dagegen eher auf muskulärer Ebene und setzt Wachstumsreize auf die Muskulatur. [4]
„However, resistance training results in increases in the myofibrillar proteins (actin and myosin), whereas endurance training increases mitochondrial proteins.“ (Hawley, 2009)
Interessiert hat mich auch der Unterschied von Kraft- und Ausdauertraining hinsichtlich der Körperkomposition. Eine Antwort auf die Frage geben Lehri und Mokha (2006). In der Studie wurden 120 Frauen getestet, die verschiedene Formen des körperlichen Trainings testeten. Abbildung 2 zeigt ein deutliches Bild. Zu erkennen ist, dass Kraft- als auch Ausdauertraining hervorragend zum Gewichtsmanagement geeignet ist. Cardiotraining bringt mehr Körperfettverlust mit sich, während Krafttraining die Magermasse schützt bzw. erhält (Muskelaufbau). Eine Kombination aus beiden Trainingsarten scheint ebenfalls sinnvoll.[5]
„Aerobic training has been observed to decrease body weight from both the fat and muscle compartments while strength training conserved the lean body mass and reduced the fat compartment and thus caused favourable body composition in females.“ (Lehri und Mokha, 2006)
Dieses Bild hat sich auch immer wieder bei meinen Kunden gezeigt. Die Effekte des Ausdauertrainings zeigen sich zwar schneller auf der Waage (weißer gepunkteter Balken), aber damit geht auch oft ein Verlust an Magermasse einher. Eine proteinreiche Ernährung kann hier schützend wirken. Krafttraining hat oft keinen sichtbaren Effekt auf der Waage, da zwar Körperfett sinkt, aber Muskelmasse aufgebaut wird.
Schlussendlich kann man die Effekte des Kraft- und Ausdauertrainings nicht gänzlich separieren, da es immer Cross-Effekte gibt. [6]
Bewegung ist und bleibt ein wichtiger Reiz für unseren Körper und Kraft- als auch Ausdauertraining haben ihren berechtigten Platz. Auch Mischformen, wie hochintensives Intervalltraining, zum Beispiel in Form von Tabata Training sind eine gute Methode!
Weitere Faktoren: Zeit, Geld und Praktikabilität
Ausdauersport scheint hinsichtlich der Ausführung noch etwas abwechslungsreicher zu sein. Du kannst Laufen, Schwimmen, Radfahren, Fußballspielen, Walken, Wandern, Tanzen, Seilspringen, Trampolinspringen und vieles mehr. Der Zugang ist für die meisten Menschen niedrigschwelliger – Laufen ist wohl der häufigste Einstiegspunkt.
Krafttraining verlangt etwas mehr Technik und Liebe fürs Detail. Kniebeugen, Liegestütze und Klimmzüge haben hohe Anforderungen an Technik (Koordination), was für viele Menschen zunächst abschreckend wirkt. Außerdem haben einige Menschen negative Assoziationen mit Kraftsport, da sie Bodybuilder und Pumper vor ihrem geistigen Auge sehen.
Ansonsten spricht der Zeitfaktor eher für das Krafttraining. In 30 Minuten kannst du bereits drei bis vier Grundübungen trainieren, die für die beschriebenen Effekte vollkommen ausreichen. Moderates Ausdauertraining benötigt mehr Zeit pro Training (45 – 90 Minuten) oder sollte häufiger pro Woche durchgeführt werden.
Hinsichtlich des Kostenfaktors sehe ich das Ausdauertraining leicht vorn. Eine Fitnessstudiomitgliedschaft mit Kraft- und Cardiobereich kostet 20 Euro im Monat. Für das Laufen brauchst du nur ein paar Laufschuhe und ansonsten kannst du kostenlos durch den Wald rennen. Für das Krafttraining gibt es auch immer mehr freie Trainingstationen in Parkanlagen. Langfristig ist aber ein Fitnessstudio empfehlenswert, um Gewichte steigern zu können und den Trainingserfolg zu erhöhen.
Fazit
Kraft- und Ausdauertraining sind hervorragende Booster für deine Gesundheit. Grundsätzlich machst du nichts verkehrt, wenn du dich für die eine oder andere Seite entscheidest. [7]
Wenn du mich dennoch nach einer subjektiven Entscheidung fragst, welche Form des Trainings ich wählen würde, dann wäre es Krafttraining. Warum? Also Freund des Pareto-Prinzips suche ich nach möglichst effektiven Wegen meine Gesundheit positiv zu beeinflussen. Krafttraining ist daher die Methode meiner Wahl. Ich trainiere aktuell 3 x 30 Minuten pro Woche Grundübungen wie Kniebeuge, Kreuzheben, Bankdrücken und Klimmzüge. Damit erreiche ich die oben beschriebenen Effekte mit einem Zeitaufwand von 1,5 Stunden pro Woche.
Mir sind außerdem die Muskelaufbaureize für einen starken Rücken, eine gute Optik und als Fettverbrennungsmaschine besonders wichtig. Außerdem trainiere ich mehr natürliche Bewegungsmuster wie Heben, Ziehen, Schieben und Tragen, wodurch der Übertrag auf den Alltag höher ist. Ausdauertraining schleicht sich (bei mir) meist zufällig in den Alltag ein (Mit dem Rad zur Arbeit, straffe Spaziergänge, Fußball), wodurch ich keine zusätzliche Zeit dafür aufbringen muss.
Den oben beschriebenen AMPK Signalweg, der die Stärke des Ausdauertrainings ist, aktiviere ich dabei über zusätzliches Intervallfasten, wodurch ich auch die Anzahl meiner Mitochondrien erhöhe, ohne 90 Minuten auf dem Laufband zu verbringen.
Fazit vom Fazit
Objektive Antwort: Krafttraining, Ausdauertraining oder Mischformen sind Pflicht für einen gesunden Lebensstil.
Subjektive Antwort: Krafttraining ist zeiteffektiver und wichtiger für den Alltag.
Das Wesentliche: Suche dir einen Sport, der dir Spaß macht und den du gut in dein Leben integrieren kannst. Es ist die Bewegung an sich, die deine Gesundheit sehr positiv beeinflusst. Und vergiss nie: Der Mensch wächst am Widerstand. Das gilt auch oder besonders für die körperliche Betätigung. Versuche besser zu werden und führe dich an deine eigenen Grenzen.
Quellen
[1] Westcott, Wayne L. (2012): Resistance training is medicine: effects of strength training on health. In: Current sports medicine reports 11 (4), S. 209–216. DOI: 10.1249/JSR.0b013e31825dabb8.
[2] Cornelissen, V. A., & Fagard, R. H. (2005). Effects of endurance training on blood pressure, blood pressure–regulating mechanisms, and cardiovascular risk factors. Hypertension, 46(4), 667-675.
[3] Meredith, C. N., Frontera, W. R., Fisher, E. C., Hughes, V. A., Herland, J. C., Edwards, J., & Evans, W. J. (1989). Peripheral effects of endurance training in young and old subjects. Journal of Applied Physiology, 66(6), 2844-2849.
[4] Hawley, John A. (2009): Molecular responses to strength and endurance training: are they incompatible? In: Applied physiology, nutrition, and metabolism = Physiologie appliquee, nutrition et metabolisme 34 (3), S. 355–361. DOI: 10.1139/H09-023.
[5] Lehri A, Mokha R. Effectiveness of Aerobic and Strength Training in Causing Weight loss and favourable Body Composition in Females. Journal of Exercise Science and Physiotherapy. 2006; 2: 96-99.
[6] Kazior, Zuzanna; Willis, Sarah J.; Moberg, Marcus; Apró, William; Calbet, José A. L.; Holmberg, Hans-Christer; Blomstrand, Eva (2016): Endurance Exercise Enhances the Effect of Strength Training on Muscle Fiber Size and Protein Expression of Akt and mTOR. In: PloS one 11 (2), e0149082. DOI: 10.1371/journal.pone.0149082.
[7] Kang, J., & Ratamess, N. (2014). Which comes first? Resistance before aerobic exercise or vice versa?. ACSM’s Health & Fitness Journal, 18(1), 9-14.
https://sportbionier.com/wp-content/uploads/theflyingflip1.jpg7501046Philip Koblerhttps://sportbionier.com/wp-content/uploads/LOGO_blue-hor-400.jpgPhilip Kobler2019-05-20 08:18:322019-07-19 23:16:18Kraft- oder Ausdauertraining – Was ist besser?
Einige Jahre habe ich und meine Familie keine Fische mehr gegessen. Warum? die Überfischung der Weltmeere, der Schwermetallgehalt der Seefische und die mangelnden Alternativen. Wir haben eine Zeit lang regionale Biofische gekauft, welche mit Getreide und Kadaver-Maden gefüttert werden. Überwiegend Karpfen. Doch irgendwann hatten wir den Karpfengeschmack satt und zudem ist dieser Fisch eine schlechte Omega-3-Quelle. Die Herausforderung: Vor allem Hochseefische sind reich an Omega-3. Wer “heimische” Forellen kauft, bekommt zwar auch Omega-3, nimmt jedoch in Kauf, dass auch damit die Weltmeere leergefischt werden. Die bekanntesten Speisefische sind Raubfische und brauchen Proteine in der Fütterung. Dies geschieht in der Züchtung über Fischmehl – gemahlene Fischreste aus den Weltmeeren. Daher stellte sich die Frage:
Wie kann man die gesundheitlichen Effekte von Omega-3 nutzen ohne dabei den Planeten zu schädigen?
Omega 3 – eine Einführung
Jeder hat schon mal etwas über diese Omega-3-Fette gehört, viele schlucken es mitterweile auch bewusst täglich. Aber welche Unterschiede gibt es, worauf ist zu achten und bringt es denn auch wirklich etwas?
Den meisten ist mittlerweile bekannt, dass Omega-3-Fettsäuren sehr wichtig für unseren Körper sind. Diesen Fettsäuren kommt in Bezug auf die Funktionalität von Herz und Gehirn eine gewichtige Rolle zu. Doch nicht nur das: Omega-3-Fettsäuren sind für uns lebensnotwendig. Also genauso wichtig wie u.a. die essentiellen Aminosäuren im Eiweiß.
Hungrige und satte Fettsäuren
Lebensmittel bestehen aus drei Makronährstoffen (Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett), sowie aus Vitaminen, Mineralstoffen, unverdaulichen Bestandteilen und Wasser. Fette sind nicht nur wichtig für das Geschmackserlebnis, sondern zudem auch Träger von fettlöslichen Vitaminen (Vitamin A, D, E und K).
In diesem Blog geht es nur um Fette bzw. Öle. Und zwar über eine ganz spezielle Form von mehrfach ungesättigten Fetten.
Bezogen auf die chemische Struktur der Fette, gibt es folgende Unterscheidungen:
gesättigte Fette, u.a. Kokosöl, Butter, Fett von Rindfleisch
Vorkommen Arachidonsäure: u.a. in Schweineschmalz, Eigelb, Thunfisch und tierischen Erzeugnissen.
Für die Aufrechterhaltung der Gesundheit, vor allem aber was das Eindämmen von Entzündungsprozessen betrifft, ist ein gutes Omega-3 zu Omega-6 Verhältnis ausschlaggebend ist. Das heißt: Je mehr Omega-6-Fette verzehrt werden, desto mehr Omega-3 sollte konsumiert werden. Oder noch besser: Möglichst wenig Omega-6-Fette, damit das Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 besser ausfällt.
Natürlich ist das nur eine sehr grobe Betrachtung. In Wirklichkeit sind die Zusammenhänge wesentlich komplexer, warum ich hier bewusst auf eine Einteilung in “gut” und “böse” verzichten möchte. Die Omega-6-Fettsäure Gamma-Linolensäure/GLA entfaltet nämlich eine entzündungshemmende Wirkung und würde demnach zu den “Guten” gehören.
Wichtig zu wissen: In diesem Artikel geht es vor allem um die Omega-3-Fettsäuren und deren Auswirkung auf die Gesundheit.
Wie bereits erwähnt, gibt es unterschiedliche Omega-3-Fettsäuren. Jede Fettsäure wirkt sich im Körper anders aus. Die häufigste Omega-3-Fettsäure ist die Alpha-Linolsäure, die insbesondere im Leinöl oder in Chiasamen enthalten ist. Das Problem: Die gesundheitlich positiven Effekte (siehe unten) kommen von EPA und DHA – und leider nicht von ALA. Der menschliche Körper kann zwar etwas ALA in EPA und DHA umwandeln, jedoch nur 5% bis 15%.(1)(2) Natürlich gibt es auch Studien, die ALA positive Effekte zuschreiben, jedoch überwiegen diese von von EPA und DHA.
Um die gesundheitlich positiven Effekte von EPA und DHA zu entfalten, brauchen wir daher Quellen, die EPA und DHA direkt enthalten: Das sind Fische, Fischöl bzw. Algen.
Omega 3: Was sagt die Wissenschaft?
Bevor wir jetzt etwas tiefer in die Materie einsteigen, möchte ich euch noch meine Lieblingsseite zeigen, wenn es um wissenschaftliche Studien geht: Examine.com
Diese Seite wurde im Jahr 2011 von Sol Orwell und Kurtis Frank, in der Fitness- und Kraftsportszene keine Unbekannten, ins Leben gerufen. Das besondere an dieser Seite ist, dass Supplemente und Lebensmittel auf deren Evidenz geprüft werden. Das heißt: Im Gegensatz zu dem, was heute im Internet leider üblich ist, nämlich maßlosen Übertreibungen, konzentrieren sich die Betreiber von Examine.com auf echte Fakten. Während Klatschmedien und esoterische Internetseiten viele Nahrungsergänzungen als Wundermittel gegen so ziemlich alle Krankheiten anpreisen (hilft gegen A, wie Akne bis Z, wie Zervixkarzinom), stellt Examine eine differenzierte Übersicht über echt aussagekräftige Studien zur Verfügung.
Exkurs: Was sind aussagekräftige Studien? Kurze Antwort: RCTs an Menschen. Lange Antwort: Randomized Controlled Trials – also auf deutsch: randomisierte kontrollierte Studien. Das sind Studien, die nach einen ganz speziellen Design durchgeführt werden und gelten als “Goldstandard”. Dabei werden Probanden zufällig (randomized) einer Therapiegruppe (z.B. “bekommt Fischöl”) oder einer Placebogruppe (“z.B. “bekommt etwas, das so aussieht wie Fischöl”) zugeteilt. Wichtig: Auch die VersuchsleiterIn weiß nicht, wer in welcher Gruppe ist (doppelt-verblindet). Im klinischen Bereichn können nur RCTs tatsächlich etwas beweisen. Sehr viele Studien sind lediglich “Beobachtungsstudien” bzw. Kohortenstudien. Man beobachtet zum Beispiel, dass Menschen, die regelmäßig Fisch essen weniger Herzinfarkte haben. Doch was kann man daraus interpretieren? Nichts! Denn nur weil zwei Tatsachen gleichzeitig auftreten, heißt das noch nicht, dass es eine kausale Beziehung gibt. Durch Beobachtungs- bzw. Korrelationsstudien kann keine Ursache-Wirkungs-Beziehung nachgewiesen werden. Es wäre ja auch möglich, dass Menschen mit einem höheren Bildungsniveau generell gesünder leben, daher mehr Sport betreiben, weniger rauchen, weniger Alkohol trinken und andere Sachen machen, die landläufig als gesund gelten (z.B. mehr Fisch essen) und aufgrund all dieser Faktoren weniger Herzinfarkte haben. Doch möglicherweise spielt der Verzehr von Fisch gar keine Rolle. Verstanden? Beobachtungsstudien bringen uns also nichts. Das mag zwar für manche Forscher interessant sein, wenn sie akribisch genau alle möglichen Einflussfaktoren berücksichtigen, um zu erkennen, ob es irgendwelche Tendenzen gibt, aber eine Aussage für unser tägliches Leben kann damit nicht getroffen werden und wäre unseriös. Viele Studien werden zudem an Mäusen, Ratten oder In-Vitro (also in einer künstlichen Umgebung) gemacht. Diese Studien sind zwar wichtig, um erste Hypothesen zu prüfen, jedoch kann man auch bei diesen Studien nicht ableiten, ob ein Ergebnis für uns im Leben tatsächlich relevant ist. Ob ein Medikament oder ein Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich wirkt oder nicht kann nur mit randomisierten, kontrolllierten Doppelblindstudien bewiesen werden.
Jetzt wissen wir, was echt aussagekräftige Studien sind. Wenn du bei Examine.com zum Thema “Fish oil” etwas runter scrollst, kommst du zu dieser Übersicht:
Weiter unten findest du dann eine Übersicht darüber, was Omega-3 nun alles kann. Die Übersicht ist gereiht nach der Aussagekraft der Studien.
Was kann Fischöl (EPA/DHA) tatsächlich?
Fischöl reduziert Entzündungen Die Einnahme von Fischöl wirkt entzündungshemmend und wirkt daher präventiv gegen eine Vielzahl von Krankheiten.
Fischöl erhöht das “gute” Cholesterin HDL HDL bringt das überschüssige Cholesterin im Körper wieder zurück zur Leber. HDL steht im positiven Zusammenhang mit der Herzgesundheit.
Fischöl senkt die Triglyceride im Blut. Das ist super, denn erhöhte Triglyceridwerte stehen im Zusammenhang mit Thrombose und Arteriosklerose (umgangssprachlich “Arterienverkalkung”).
Fischöl senkt den Blutdruck Personen mit Bluthochdruck können ihrer Gesundheit was gutes tun, indem sie Omega-3 Fischöle zuführen.
Fischöl als Therapie gegen Depressionen Eine Vielzahl von Studien hat untersucht, wie sich Fischöl auf Depressionen auswirkt. Und siehe da: Fischöl könnte tatsächlich eine Alternative zu herkömmlichen Antidepressiva, wie Fluoxetin sein.
Fischöl reduziert die Symptome bei ADHS Acht randomisierte Doppelblindstudien konnten belegen, dass die Einnahme von Fischöl die Symptome vom sogenannten Aufmerksamkeits-Defizits-und-Hyperaktivtäts-Syndroms (daran erkranken vor allem Kinder) reduzieren kann.
Hinweis: Alle Quellenangaben zu diesen Studien findest du auf Examine.com.
Feine Unterschiede, die das Kraut fett machen
Nachdem nun klar ist, dass Fischöl – und vor allem dessen Bestandteile – bewiesenermaßen gesundheitlich sehr wertvoll ist, werden die ersten von euch vermutlich schon nach geeigneten Produkten suchen wollen – doch STOPP! Es gibt dabei noch ein paar Details zu beachten, damit das schwer verdiente Geld auch wirklich sinnvoll eingesetzt wird.
Gesamtmenge DHA und EPA pro Kapsel
Oxidation
Bioverfügbarkeit
Gesamtmenge DHA und EPA
Wenn man bei den Produkten den DHA- und EPA-Gehalt pro Kapsel betrachtet, finden sich erhebliche Unterschiede. Wichtig zu beachten: Wenn eine Kapsel bspw. 1000 mg Öl enthält – wie viel davon ist DHA und EPA? Sehr viele Kapseln enthalten neben diesen beiden wichtigsten Bestandteilen noch andere Öle, die im Fisch enthalten sind und teilweise sogar Pflanzenöle, die Omega-6 enthalten, die wir in diesem Fall gar nicht haben wollen. Fischöl gibt es auch in Flaschen. Auch hier gilt zu beachten: Wie hoch ist der gesamte DHA- und EPA-Gehalt und wie viele andere Bestandteile sind im Produkt noch enthalten?
Oxidation
Omega-3-Öle sind extrem instabil und oxidieren schnell. Aus diesem Grund werden die meisten Fischöle in Form von Weichkapseln (Softcaps) zugeführt. Wenn die Kapsel im Mund zerbissen wird, sollte ein milder Fischgeschmack vorhanden sein, jedoch nicht unangenehm stark nach Fisch schmecken. Eine Kennzahl, die den Grad der Oxidation, also die “Ranzigkeit” misst, ist der TOTOX-Wert. Gute Fischöle haben einen Totox-Wert unter 10 und schmecken nicht unangenehm. Über einem Wert von 10 riechen und schmecken die Kapseln unangenehm.
Wer größere Mengen Fischöl konsumieren möchte (beispielsweise aus therapeutischen Gründen), kann auch auf flüssiges Fischöl zurückgreifen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass das dauerhaft gekühlte Fischöl idealerweise innerhalb einiger Tage verbraucht werden sollte.
Bioverfügbarkeit
Das Fischöl kann über unterschiedliche Prozesse hergestellt werden. Es werden vier Formen unterschieden:
TG – Triglyceride: Das ist die Form, in der das Öl in Fischen auf natürliche Art vorkommt.
EE – Ethylester: die konzentrierte Form von Fischöl. Die meisten Studien wurden mit EE-Formen durchgeführt.
PL – Phospholipide: Üblicherweise die Form bei Krill-Ölen.
rTG – reesterifizierte Triglyceride: Werden aus EE-Fischöl in die natürliche TG-Form zurückumgewandelt. rTG-Fischöle haben eine höhere Bioverfügbarkeit als TG (3) und EE (4).
All diese Formen unterscheiden sich in ihrer Bioverfügbarkeit, also wie gut diese vom Körper aufgenommen werden. Die rTG-Form ist in ihrer Bioverfügbarkeit der natürlichen TG-Form und der üblichen EE-Form überlegen.
Im Gegensatz zu den Aussagen vieler Krillöl-Hersteller bezüglich der herausragenden Bioverfügbarkeit von Krillöl, hat eine randomisierte Doppelblindstudie im Jahr 2014 folgende Reihenfolge in der Bioverfügbarkeit festgestellt:(5) rTG > EE > TG > Krillöl PL. Eine Übersichtsstudie kommt zu dem Schluss, dass der Konsum von Krillöl gegenüber Fischöl zusätzliche positive Effekte hat (z.B. aufgrund des Antioxidans Astaxanthin), im Bezug auf die Überlegenheit der Bioverfügbarkeit sind jedoch noch weitere Studien notwendig.(6)
Das ideale Fischöl liegt demnach in der rTG-Form vor, hat einen Totox-Wert unter 10 und beinhaltet möglichst viel DHA/EPA und sollte möglichst keine weiteren Inhaltsstoffe beinhalten.
Omega-3 und Nachhaltigkeit
Nachdem wir nun wissen, welche Qualitätsunterschiede es beim Fischöl gibt, wäre noch zu klären, ob die höchste Qualität auch ökologisch nachhaltig ist.
EPA/DHA kommt vor allem in Fischen, in Krill (garnelenförmige Krebstiere) und in Algen vor.
Die nachhaltigste Form ist bestimmt die Omega-3-Versorgung über Algen. Der einzige Nachteil: Algen enthalten vor allem DHA (und nicht EPA). DHA kann im Körper zwar in EPA zurückumgewandelt werden, doch die Wirkung im Körper ist schließlich doch eine andere, als bei Fischölen. Hier fehlt es vor allem noch an aussagekräftigen Studien, um feststellen zu können, ob Omega-3 aus Algen genauso effektiv ist, wie Omega-3 aus Fischen.
Beim Omega-3 aus tierischen Ursprung gibt es verschiedene Siegel, die eine gewisse Nachhaltigkeit garantieren:
BIO
MSC – Marine Stewardship Council
FOS – Friend of the Sea
Biozertifizierte Fischöle stammen aus Fischen, die in Bio-Aquakulturen gezüchtet werden. Ähnlich, wie in der biologischen Tierhaltung, wird auch hier auf eine artgerechte Tierhaltung geachtet, sowie besonderer Augenmerk auf die Fütterung gelegt. Im Gegensatz zu “normalen” Aquakulturen, werden bei der Fütterung bei Bio-Aquakulturen keine Antibiotika, keine Wachstumshormone und keine synthetischen Farbstoffe zugesetzt. Doch auch Bio-Fische sind auf eiweißreiche Fischmehle aus den Meeren angewiesen. Eine wirkliche Alternative in der Fischfütterung gibt es noch nicht.
Bei den Hochseefischen aus Wildfang gibt es zwei Zertifizierungen, die eine ökologisch nachhaltige Fischerei garantieren. Das MSC-Siegel und “Friend of the Sea”. Umweltschutzorganisationen, wie Greenpeace und WWF vergeben dem MSC-Siegel jedoch weniger Punkte, als der “FOS”-Zertifizierung.
Fazit
Nach dieser kurzen Lektüre, sollte nun klar sein, dass es einige Aspekte gibt, die bei der Auswahl eines geeigneten Produkts wichtig sind. Die höchste Bioverfügbarkeit liefert uns die “rTG”-Form. Ob die Aufnahmefähigkeit von Krillöl besser ist, kann zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden. Wem eine ökologisch nachhaltige Variante wichtig ist, wählt vegane Algenöle oder Fischöle mit entsprechender Zertifizierung (Bio, Friend of the sea, MSC).
Hier unten habe ich für euch die Informationen von einigen Produkten zusammengetragen, damit ihr für euch das passende Omega-3 findet. Falls ihr einen Hersteller habt, der irgendwie besser, günstiger oder nachhaltiger ist, dann schreib das bitte in den Kommentaren – ich werde die Liste gelegentlich aktualisieren.
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zuletzt aktualisiert am 14. September 2017 / Alle Angaben ohne Gewähr
Dosierung
Die Weltgesundheitsorganisaiton (WHO) empfiehlt für die Aufrechterhaltung der Gesundheit 300 mg bis 500 mg EPA+DHA täglich.(7) Für therapeutische Zwecke (Blutdruck, Triglyceride, Entzündungen) sind Mengen von 2.000 bis 4.000 mg an Omega-3 pro Tag notwendig. (8)
Weiterführende Links:
Vertiefendes Wissen und Studien über Fischöl auf examine.com
ORF Weltjournal, Giftiger Fisch – die große Gesundheitslüge auf YouTube
Der Weg zu einem optimalen Omega 3 zu Omega 6 Verhältnis auf aesirsports.com
Quellen:
(1) Gerster H Can adults adequately convert alpha-linolenic acid (18:3n-3) to eicosapentaenoic acid (20:5n-3) and docosahexaenoic acid (22:6n-3) . Int J Vitam Nutr Res. 1998 68(3):159-73.
(2) Brenna JT Efficiency of conversion of alpha-linolenic acid to long chain n-3 fatty acids in man . Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 2002 Mar;5(2):127-32.
(3) Dyerberg J, Madsen P, Moller JM, Aardestrup I, Schmidt EB. Bioavailability of marine n-3 fatty acid formulations. Prostaglandins, leukotrienes, and essential fatty acids. 2010 Sep;83(3):137-41.
(4) Neubronner J, Schuchardt JP, Kressel G, Merkel M, von Schacky C, Hahn A. Enhanced increase of omega-3 index in response to long-term n-3 fatty acid supplementation from triacylglycerides versus ethyl esters. European journal of clinical nutrition. 2011 Feb;65(2):247-54.
(5) Laidlaw M, Cockerline CA, Rowe WJ. A randomized clinical trial to determine the efficacy of manufacturers’ recommended doses of omega-3 fatty acids from different sources in facilitating cardiovascular disease risk reduction. Lipids Health Dis. 2014 Jun 21;13:99. doi: 10.1186/1476-511X-13-99.
(6) Stine M Ulven, Kirsten Holven. Comparison of bioavailability of krill oil versus fish oil and health effect. Vasc Health Risk Manag. 2015; 11: 511–524.
(7) Fats and fatty acids in human nutrition. Report of an expert consultation. FAO food and nutrition paper. 2010;91:1-166.