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Warum BCAAs sinnlos sind – dem BCAA-Mythos auf der Spur!

Auch heute noch werden BCAAs in Unmengen vertrieben, verkauft und konsumiert. Insbesondere Anfänger aus dem Kraftsport sind „Marketing-Opfer“. Ihnen wird zugesprochen, dass BCAAs das Muskelwachstum anregen würden. Weiterhin verweisen Händler auf abstruse Studien, die Praxis-irrelevant sind. In diesem Beitrag gehen wir dem BCAA-Mythos auf der Spur und schauen uns an, ob BCAAs tatsächlich etwas bringen!

Im Beitrag zur besten Eiweißquelle haben wir das Thema ‚BCAAs‘ schon einmal angesprochen und verteufelt. Wir verwiesen auf eine dubiose Studienlage – hauptsächlich Rattenstudien. Nichtsdestotrotz waren einige Leser nicht ganz zufriedengestellt. Aus diesem Anlass dieser kurze Beitrag zum Mythos BCAAs.

Kleine Auffrischung zu Beginn

Kurz zur Erinnerung: BCAAs (Branched-Chain Amino Acids, auf Deutsch: verzweigtkettige Aminosäuren) bestehen aus drei Aminosäuren: Valin, Isoleucin und Leucin. Insbesondere die letzte Aminosäure hat eine Art „Schlüsselrolle“ im Muskelaufbau. Hierauf sind wir im Beitrag zum Muskelaufbau mittels veganen Eiweißpulvers genauer eingegangen.

Sucht man gezielt nach BCAAs zum Kaufen, so wird von Verkäufern frühzeitig darauf hingewiesen, dass diese Aminosäuren vom Körper nicht selbst produziert werden können. Das ist so richtig – aber 5 weitere Aminosäuren kann er ebenfalls nicht eigenständig herstellen. Insofern sind es eigentlich 8 Aminosäuren, die wir zuführen müssten.

BCAAs vs. EAAs

Diese 8 Aminosäuren werden auch als EAAs (Essential Amino Acids, auf Deutsch: essenzielle Aminosäuren) bezeichnet. Somit wären EEAs den BCAAs doch überlegen, oder?

Zu den essenziellen Aminosäuren (abgekürzt: EAAs) gehören sowohl die 3 BCAAs Isoleucin, Leucin & Valin als auch Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin sowie Tryptophan.

Aber keine Sorge: EAAs kommen in allen hochwertigen Eiweißquellen zur Genüge vor! Ein einfaches Tool zur Bestimmung der Eiweißqualität ist die biologische Wertigkeit. Sobald die biologische Wertigkeit über 0 liegt (kein Scherz!), sind alle EAAs im Lebensmittel enthalten. Also im Prinzip bei fast jedem Lebensmittel, das wir essen können.

Das Wesentliche: BCAAs sind 3 von 8 essenziellen Aminosäuren (EAAs). Da 5 EAAs in einem BCAA-Präparat fehlen, hat jedes alleinige BCAA-Supplement eine biologische Wertigkeit von 0.

Wie BCAAs zu einem Multi-Millionen-Geschäft geworden sind!

Die Geschichte zu den BCAAs ist in sich widersprüchlich. Um dies genauer zu verstehen, müssen wir uns anschauen, was die Wissenschaft zu BCAAs sagt.

Seit über 35 Jahren erfreuen sich BCAAs großer Beliebtheit. Wir sprechen hier von einem Multi-Millionen-Markt weltweit. Denn im Jahre 1981 hat ein Forscher erstmals zeigen können, dass BCAAs vermutlich die limitierenden Eiweißbausteine für das Muskelwachstum sind – bei Ratten im gefasteten Zustand.1

Studien an Ratten haben von Grund auf eine limitierende Aussagekraft auf die Wirkungen von Stoffen auf Menschen. Doch der Transfer von einer Ratte im Labor auf einen Menschen im Fitnessstudio ist arg abwegig.

Ratten-Studien im BCAA-Hype!

Daraufhin folgten weitere Studien – an Ratten. Beispielhaft wurden unter anderem Mixturen aus BCAAs und verschiedenen anderen Aminosäuren in Ratten injiziert und einen Anstieg der Insulinausschüttung beobachtet.2 Problematisch war nicht nur, dass diese Studien ausschließlich an Ratten durchgeführt worden sind. Ebenso fraglich waren die Studiendesigns. Wieso wurden Aminosäuren-Mixturen verabreicht und nicht BCAAs allein?

Ein japanisches Forscherteam hat erst zwei Dekaden später alleinige BCAA-Mixturen – wieder nur an Ratten – verabreicht. Allerdings war hier schnell klargeworden, dass BCAAs allein nicht ausreichen würden. Zwar konnten BCAAs in gewissen Anteilen den Muskelabbau hemmen, aber keinen nennenswerten Muskelaufbau-Reiz setzen. Die Wissenschaftler verwiesen darauf, dass die anderen fehlenden Aminosäuren (EAAs) wahrscheinlich den limitierenden Faktor darstellen würden.3

Das Wesentliche: BCAAs in alleiniger Gabe haben in Rattenstudien versagt, einen nennenswerten Muskelaufbau-Reiz setzen zu können. Die fünf fehlenden EAAs scheinen den limitierenden Faktor darzustellen.

Muskelaufbau funktioniert bei Ratten anders als beim Menschen!

Zudem gibt es Hinweise darauf, dass der Muskelaufbau-Prozess bei Ratten eher durch den Initiationsprozess als durch den Translationsprozess begrenzt ist. Dies ist ein sehr biochemisches Thema, doch durchaus erwähnenswert. Denn beim Menschen scheint genau dies nicht der Fall zu sein.4

Weiterhin wird in den Rattenstudien eine Messmethodik angewandt, die wenig praxisrelevant ist. Die sogenannte „flooding dose„-Technik. Hier wird die Muskelprotein-Umstrukturierung innerhalb von wenigen Minuten, meist nicht länger als 10 min, gemessen. Jeder, der das nun liest, wird sich die Frage stellen: »Sind 10 min Messung relevant für den Muskelaufbau-Prozess?«

Muskelproteine strukturieren tagtäglich um. Schließlich reagiert der Körper auf jeden Reiz (Zellerneuerung, ggf. Wachstum) sowie auf jeden fehlenden Reiz (Zellabbau). Diese Prozesse benötigen Tage bis Wochen. Deshalb baut man immer erst „verzögert“ sichtbar Muskulatur auf.

Muskelaufbau benötigt Tage bis Wochen – nicht 10 min!

Selbstverständlich nicht! Allein das Modell der Superkompensation spricht von einer anhaltenden, physiologischen Anpassung von mehreren Stunden bis Tagen. Beim Muskelaufbau wissen wir aus der Trainingserfahrung, dass dieser Prozess über mindestens 24 h, eher über 72 h anhält. Je nach Belastungsreiz benötigen Proteinumstrukturierungen sogar über eine komplette Woche!

Dass Rattenstudien nicht unbedingt 1:1 auf Menschen übertragbar sind, sollte logisch sein. Nun, da wir sogar wissen, dass Studiendesign, Messmethodik und die Relevanz für die Praxis zu vernachlässigen sind, können wir die vorausgegangenen Daten eigentlich schon wieder vergessen.

Das Wesentliche: Die Übertragung von physiologischen Effekten von Ratten auf den Menschen sind per se problematisch. Wenn jedoch ebenso die Studiendesigns an praktischer Relevanz verlieren, kann man mit diesen Studien nur Impulse für weitere Untersuchungen geben. Aus ihnen potenzielle Effekte abzuleiten ist unseriös und unwissenschaftlich.

Gibt es belastbare BCAA-Studien am Menschen?

Stellt sich nun die Frage, ob überhaupt Studien mit BCAAs existieren, die mit Menschen durchgeführt worden sind. Und ja, die gibt es! Nur ausgerechnet jene Studien sind ernüchternd.

Während man Probanden 3 Stunden lang BCAAs über eine Infusion verabreichte, stieg der BCAA-Spiegel im Blut drastisch an. Allerdings sank zugleich die EAA-Konzentration im Blut, was ein Zeichen für eine Abnahme der Muskelaufbaurate ist.5

Die Studienlage zu BCAAs ist in jeder Hinsicht ernüchternd. Für viele Leser vermutlich auch enttäuschend.

Alleinige BCAA-Gaben sind hinderlich für Muskelwachstum & Kraftentwicklung!

Das (theoretische) Problem einer niedrigeren EAA-Konzentration im Blut ist, dass sich der Körper nur an diesem freien Aminosäurenpool bedienen kann. Wenn die EAAs also erniedrigen, so sinkt auch die Muskelproteinsynthese in der Muskulatur, da andere Vorgänge wie Erneuerung von Zellen oder die Verstoffwechselung der EAAs Vorrang haben können.

Dieser Versuch wurde vom gleichen Forscherteam wiederholt – dieses Mal aber 16 Stunden BCAA-Infusion! Unglücklicherweise kam es auch hier zu keiner erhöhten Muskelaufbaurate.6 Ebenso wurde das „muscle protein turnover“ reduziert, was ungünstig ist, da eine Erneuerung alter Muskelfilamente nachweislich zur effizienteren Kontraktilität innerhalb der Muskelfasern führt und somit potenziell zu mehr Kraft.7 Und dahingehend hat sich die alleinige Gabe von BCAAs als hinderlich erwiesen.

Das Wesentliche: BCAAs in isolierter Gabe erniedrigen wie bei Ratten auch beim Menschen die EAA-Konzentration im Blut. Somit können sie das Muskelwachstum potenziell hemmen statt anregen!

BCAAs vs. Placebo

In einer relativ neuen, großbritannischen Krafttrainingsstudie hat man die alleinige Gabe von BCAAs mit einem Placebo verglichen. Es wurden entweder 5,6 g BCAAs oder ein Placebo mit Kohlenhydraten zugeführt. In dieser hat man zeigen können, dass die Gabe von BCAAs das Muskelwachstum um 22 % steigern konnte.8

Immerhin: BCAAs wirken über den Placebo-Effekt hinaus! Aber im Vergleich zu Whey Protein … sind sie wertlos.

Eigentlich ein positives Ergebnis, oder? Nur nicht dann, wenn man bedenkt, dass man mit einer vergleichbaren Menge BCAAs und EAAs oder ganz einfach mit Whey Protein 6-fach höhere Muskelaufbauraten erzielen kann.9

Das Wesentliche: BCAAs wirken beim Muskelaufbau-Prozess über den Placebo-Effekt hinaus. Aber vollständige Eiweißquellen wie Whey Protein wirken vielfach besser.

Fazit des BCAA-Märchens!

Was halten wir fest?

  1. Studien mit BCAAs wurden früher ausschließlich an Ratten durchgeführt.
  2. Die Studiendesigns waren dubios und wenig aussagekräftig.
  3. Außerdem zeigen Studien am Menschen erniedrigte EAA-Spiegel im Blut sowie minimal erhöhte Muskelwachstumsreize in Kombination mit Krafttraining.

Es bleibt die Erkenntnis, dass BCAAs in isolierter Form nicht zum adäquaten Muskelaufbau führen, da die restlichen 5 essenziellen Aminosäuren fehlen.

Unsere Empfehlung sowie jene auf evidenzbasierter (wissenschaftlicher) Grundlage, ist, sich für vollständige Eiweißquellen aus. Es gilt, alle Aminosäuren über eine Mahlzeit zu decken. Nur so kann der Körper und die Muskulatur Proteinumstrukturierungen (z. B. Erneuerung von Muskelfilamenten) einleiten und abschließen.

Es muss kein EAA-Präparat sein, es kann jegliches Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit sein: Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Bohnen, Erbsen, Linsen, Nüsse, Kerne, Samen, Getreide … oder das bisher allen überlegene Produkt: Molkenprotein!

Deine Meinung zu BCAAs interessiert uns!

Welche Erfahrungen hast du mit BCAAs gemacht? Warst du früher ein BCAA-Konsument? Was hast du von anderen gelesen oder gehört? Und was sagen deine Freunde aus dem Fitnessstudio zu BCAAs? Lass es uns wissen – wir freuen uns auf deinen Kommentar!

Esst sinnvoll & lecker!
Adrian Famula aka Famulus

Quellen

  1. Buse M. G. (1981). In vivo effects of branched chain amino acids on muscle protein synthesis in fasted rats. Hormone and metabolic research = Hormon- und Stoffwechselforschung = Hormones et metabolisme, 13(9), 502–505. https://doi.org/10.1055/s-2007-1019316
  2. Garlick, P. J., & Grant, I. (1988). Amino acid infusion increases the sensitivity of muscle protein synthesis in vivo to insulin. Effect of branched-chain amino acids. The Biochemical journal, 254(2), 579–584. https://doi.org/10.1042/bj2540579
  3. Kobayashi, H., Kato, H., Hirabayashi, Y., Murakami, H., & Suzuki, H. (2006). Modulations of muscle protein metabolism by branched-chain amino acids in normal and muscle-atrophying rats. The Journal of nutrition, 136(1 Suppl), 234S–6S. https://doi.org/10.1093/jn/136.1.234S
  4. Wolfe R. R. (2017). Branched-chain amino acids and muscle protein synthesis in humans: myth or reality?. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 14, 30. https://doi.org/10.1186/s12970-017-0184-9
  5. Louard, R. J., Barrett, E. J., & Gelfand, R. A. (1990). Effect of infused branched-chain amino acids on muscle and whole-body amino acid metabolism in man. Clinical science (London, England : 1979), 79(5), 457–466. https://doi.org/10.1042/cs0790457
  6. Louard, R. J., Barrett, E. J., & Gelfand, R. A. (1995). Overnight branched-chain amino acid infusion causes sustained suppression of muscle proteolysis. Metabolism: clinical and experimental, 44(4), 424–429. https://doi.org/10.1016/0026-0495(95)90047-0
  7. siehe Quelle 4.
  8. Jackman, S. R., Witard, O. C., Philp, A., Wallis, G. A., Baar, K., & Tipton, K. D. (2017). Branched-Chain Amino Acid Ingestion Stimulates Muscle Myofibrillar Protein Synthesis following Resistance Exercise in Humans. Frontiers in physiology, 8, 390. https://doi.org/10.3389/fphys.2017.00390
  9. Santos, C. S., & Nascimento, F. (2019). Isolated branched-chain amino acid intake and muscle protein synthesis in humans: a biochemical review. Einstein (Sao Paulo, Brazil), 17(3), eRB4898. https://doi.org/10.31744/einstein_journal/2019RB4898

Das BESTE Protein – Eiweißquellen wissenschaftlich überprüft!

Eiweiß spielt für Sportler, Fitness-ambitionierte und körperlich aktive Menschen eine wesentliche Schlüsselrolle. Und für all diese Menschen gilt grundsätzlich, dass man immer das Beste aus sich herausholen möchte! Das beste Training, die beste Regeneration, der beste Schlaf, die beste Ernährung und auch das beste Eiweiß. Doch gibt es überhaupt DIE beste Eiweißquelle?! Fragen wir doch mal die Wissenschaft.

Eiweiße spielen in der Sporternährung eine entscheidende Rolle: Sie sollen die Muskeln zum Wachsen bringen, beschädigte Zellen bei der Regeneration verhelfen, indem das „Baumaterial“ zügig nachgeliefert wird und auch andere Strukturen wie Bänder sowie Knorpel- und Knochengewebe bei der Anpassung an die sportlichen Belastungen unterstützen. Jeder Sporterfahrene weiß, dass ohne Eiweiß einfach nichts läuft!

Was erwartet dich in diesem Beitrag?

  • Zuallererst erwartet dich ein kleiner Einstieg in die Grundlagen. Zum Beispiel wird kurz geklärt, warum wir Eiweiß überhaupt benötigen und warum körperlich aktive Menschen einen erhöhten Eiweißbedarf haben.
  • Es wird kurz auf den Unterschied zwischen tierischen und pflanzlichen Eiweißquellen eingegangen.
  • Daraufhin wird der Unterschied verschiedener Proteinquellen aufgeschlüsselt. Hierbei wird u. a. auf die Zusammensetzung und Verdaulichkeit der Proteine und auch auf andere Aspekte, z. B. auf die Nachhaltigkeit eingegangen.
  • Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in einfacher Form zusammengebracht und einige aufgeführten Kernaussagen für dich in Form von Grafiken und Tabellen visualisiert!
  • Letzten Endes werden drei verschiedene Proteinquellen gegenübergestellt (Whey, Casein und Soja) und miteinander verglichen. Jeder Absatz ist gestützt mit aktuellen Studien, die du in den Quellen nachschauen und ggf. selbst nachlesen kannst!

Die Grundbausteine jedes Eiweißmoleküls sind gleich

Um Muskelmasse im Körper aufbauen zu können, nimmt der Körper sich verschiedene Proteine vor, die er zunächst in seine Einzelbestandteile auflöst. Diese Grundbausteine können Peptide oder Aminosäuren sein. Üblicherweise spricht man in der Nahrungsergänzungsmittelbranche vom Aminosäurenprofil, wenn man eine Auskunft über die Eiweißqualität erhalten möchte.

Dabei soll die Aminosäurenzusammensetzung der Proteinquelle möglichst ähnlich zu der des Menschen sein. Als Richtwert dient die Biologische Wertigkeit. Optimalerweise sollte zusätzlich die Konzentration an bestimmten Aminosäuren, z. B. der verzweigtkettigen Aminosäuren, besser bekannt als BCAA (Branched-Chain Amino Acids), auch höher ausfallen. Zu den BCAA gleich noch mehr.

8 Aminosäuren müssen über die Nahrung kommen

Für das Wachstum und für den Stoffwechsel benötigen wir Menschen insgesamt 20 verschiedene Aminosäuren. Davon kann der Körper im Erwachsenenalter 12 Stück selbst produzieren. Die anderen 8 Aminosäuren müssen wir über die Nahrung zuführen und ausreichend decken, deswegen sind sie für uns unentbehrlich. Dazu gehören: Isoleucin, Leucin, Valin, Lysin, Methionin, Phenyl­alanin, Threonin, Tryptophan. Die ersten drei genannten Aminosäuren stellen die BCAA-Gruppe dar.

Die allererste vom Menschen isolierte Aminosäure war das Glycin. Sie wurde aus Gelatine gewonnen und schmeckt leicht süßlich. Chemisch betrachtet ist sie die kleinste und einfachste α-Aminosäure.

Säuglinge benötigen sogar 9 von diesen unentbehrlichen Aminosäuren, also die oben genannten plus Histidin. Ansonsten droht ein fortschreitender Eiweißmangel. Doch keine Sorge, dieser tritt in den Industrienationen kaum oder nur sehr selten und dann ausschließlich bei stark einseitiger Ernährung auf. Mit einer ausgewogenen Ernährung ist es nahezu unmöglich, dem Körper nicht genug Eiweiß zu liefern.

Sportler benötigen mehr Eiweiß – oder besser: hochwertiges Eiweiß!

Viel essenzieller wird die Frage, wenn sie von einem körperlich aktiven Menschen gestellt wird: »Nehme ich genug Eiweiß zu mir?« Im Vergleich zum körperlich wenig aktiven Durchschnittsbürger haben Sportler nachweislich einen besonders hohen Eiweißbedarf. Dies gilt selbstverständlich auch für jeden Menschen, der sich im Beruf oder Alltag körperlich schwer anstrengt. Bergleute, Landwirte, Waldarbeiter, Bauarbeiter, Handwerker, Gärtner und viele weitere Bevölkerungsgruppen können betroffen sein. Sie sollten rund die doppelte empfohlene Menge zu sich nehmen.

Eiweißreiche Kost ist bei Leistungssportlern und Bodybuildern nicht ohne Grund so beliebt! Außerdem ist eiweißreiche Kost sehr lecker, stillt den Hunger nach Herzhaftem und sättigt langanhaltend (Halton & Hu, 2004; Paddon-Jones et al., 2008).

Dies stellt sie vor besonderen Herausforderungen in der Ernährung. Jede Mahlzeit und jede Zwischenmahlzeit wird nahezu zwangsläufig eiweißreich gestaltet. ‚Eiweißreiche Kost‘ wird für viele ernährungsbewusste Menschen zur ‚gesunden Kost‘. Doch nicht jede eiweißreiche Quelle ist qualitativ besonders hochwertig oder ökologisch nachhaltig. Es macht einen Unterschied, ob ich Brot mit Spiegelei esse, Milch trinke oder meinem Körper Proteinriegel aus dem Discounter mit minderwertigen Streck-Eiweißen (z. B. Gelatine, Gluten, Kollagen u. a.), minderwertigen Fetten (v. a. Soja- und Palmöl) und viel Zuckerzusatz zuführe.

Hochwertigere Proteine senken den Eiweißbedarf massiv!

Viel wichtiger ist also die Vollwertigkeit der Proteine, wobei wir einfachheitshalber von der Eiweißqualität sprechen. Es gilt: Je hochwertiger die Eiweißqualität eines Lebensmittels oder einer Mahlzeit, desto weniger Eiweiß benötigt der Körper insgesamt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für den durchschnittlichen Bürger mindestens 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Das sind beim 70 kg schweren Erwachsenen 56 g Eiweiß hoher Qualität.

Nach dem Konzept der Biologischen Wertigkeit würde man bei optimaler Eiweißversorgung mit maximaler Eiweißqualität gerade einmal die Hälfte benötigen. Das wären bei 70 kg Körpergewicht gerade einmal 28 g Eiweiß! Doch Vorsicht(!), denn das ist ein rein theoretischer Wert. Die Biologische Wertigkeit berücksichtigt nämlich bestimmte Faktoren nicht, u. a. die effektive Verdaulichkeit von Proteinen. Auch Angaben von realitätsnahen Mahlzeiten werden nicht berücksicht. Stattdessen wirft man anderthalb Eier mit 800 g Kartoffeln in einen Topf und spricht von einer adäquaten Proteinzufuhr (Beitrag folgt noch!).

Eiweiße unterstützen Training und Ernährung – und somit sind sie beim Sport ein Muss!

Sportler gehen da sowieso lieber auf Nummer sicher. Schließlich hat Eiweiß noch viele weitere Vorteile in einer ausgewogenen und vollwertigen Ernährung (z. B. stärkerer Sättigungseffekt, erhöhte Regenerationsfähigkeit). Reicht also die geplante Eiweißzufuhr am Tag mal nicht aus, weil man beispielsweise auswärts essen musste oder keine Zeit zum Kochen hat, wird auf Supplements zurückgegriffen. Und die meisten Proteinpulver liefern tatsächlich eine sehr hohe Eiweißqualität. Nur: Welche Eiweißquelle ist die beste?

Muskeln bestehen aus Aminosäuren – Muskeln benötigen also Eiweiß!

Besonders bekannte, natürlich vorkommende Proteinquellen sind Molkenprotein (Whey Protein), Casein und Sojaprotein. Aber es wird in Sportnahrung-Shops auch mit Proteinmischungen (sogenannten Mehrkomponenten-Proteinen) und speziellen Aminosäuren (z. B. BCAA) geworben. Alles Pulverformen, die man in Wasser oder Milch lösen sowie in Müsli oder Backrezepten hinzumischen kann.

Mehrkomponenten-Eiweiße und BCAA sind fragwürdige Produkte

Während natürlich vorkommende Proteinquellen schon rein aus evolutionärer Sicht eine sinnhafte Quelle für unsere Eiweißbausteine darstellten und dies bis heute tun, sind Mehrkomponenten-Proteine und BCAA-Pulver von Menschen gemacht. Es ist nichts Neues, dass der Mensch versucht, der Natur einen Schritt voraus zu sein. Schon immer haben wir versucht, Dinge der Natur zu optimieren und darin ist auch per se nichts Schlechtes. Fragt sich nur, ob die neuartigen Produkte auf dem Sportnahrungsmarkt auch ihren Zweck erfüllen.

Während BCAA nur 3 isolierte Aminosäuren beinhaltet (Isoleucin, Leucin und Valin) und somit nicht einmal eine „vollständige“ Proteinquelle darstellt, da mindestens 5 weitere Aminosäuren für den Aufbau von bestimmten Proteinen fehlen, sind Mehrkomponenten-Proteine eigentlich nur Mischungen aus Milch-, Molken-, Soja- und Ei-Proteinen. Manchmal sind auch einzelne Aminosäuren oder Abwandlungen von natürlich vorkommenden Proteinquellen angereichert. Im schlimmsten Fall sind die Pulver gestreckt mit Zusätzen von Zucker oder Zuckeraustauschstoffen, zahlreichen Aromen, Süßstoffen und diversen Farb- und Konservierungsstoffen.

Um ehrlich zu sein: Sollte man sich nicht viel eher die Frage stellen, ob die Hersteller hier nicht aus den günstigsten Ausgangsstoffen maximalen Profit erzielen wollen? Oder sind deren Produkte auf ihre Wirksamkeit überprüft worden? Können sie beispielsweise höhere Proteinsyntheseraten nach dem Krafttraining erzielen als es bei dem klassischen Whey Protein der Fall ist?

Viel Marketing – kein Beweis?

Studien an Ratten werden gerne herangezogen, um vermeintliche „Beweise“ für Eiweißpräparate zu liefern.

Tatsächlich findet man in wissenschaftlicher Literatur nur wenige Studien zu Mehrkomponenten-Proteinen und BCAA-Supplements. Entweder sind diese von Nahrungsergänzungsmittel-Herstellern finanziert worden und das Studiendesign nicht aussagekräftig – so wurde ein Mehrkomponenten-Protein mit einem Placebo für 7 Tage an 9 Probanden getestet (vgl. Kraemer et al., 2007) – oder man findet Studien an Ratten vor, die ebenfalls wenig mit Menschen und schon gar nichts mit Kraft- oder Ausdauertraining am Menschen zu tun haben (vgl. Shimomura et al., 2004). Und ehrlich: Dass man bei einer eiweißarmen Kost Muskelmasse verliert, hätte ich auch so voraussagen können.

Die Frage, ob BCAA hilft oder nicht, ist eigentlich von jedem Sinn befreit. Tatsächlich nehmen wir mit jeder Proteinquelle – ganz gleich ob pflanzliches oder tierisches Protein – jene BCAA auf. Mal mehr, mal weniger. Dennoch immer mehr als ausreichend. Will man jedoch ganz sichergehen, dann ist die Wahl recht eindeutig: Molkenproteine liefern von Natur aus mit Abstand die höchste Konzentration an BCAA und alle anderen unentbehrlichen Aminosäuren. Außerdem haben Molkenproteine noch viele weitere Vorteile, die weiter unten thematisiert werden.

Das Wesentliche: Eine eiweißreiche Kost unterstützt den Sportler bei der Regeneration. Dies ist hinreichend wissenschaftlich untersucht worden. Dabei unterstützen hochwertigere Proteinquellen – sogenannte „vollständige“ Proteine – die Regeneration effektiver, indem sie mehr essentielle Grundbausteine wie die unentbehrlichen Aminosäuren und hohe Konzentrationen an BCAA liefern. Eine zusätzliche Supplementierung von BCAA über isolierte Gaben oder über Mehrkomponenten-Proteinpulver ist aus wissenschaftlicher Sicht fragwürdig und scheinen nur Marketing-technisch zu funktionieren.

Tierisch vs. vegan

Faustregel: Tierische Proteine sind hochwertiger, aber teurer

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass tierische Proteine prinzipiell eine sehr hohe Eiweißqualität aufzuweisen haben. Allerdings gehen viele dieser Lebensmittel wie Eier und Fleisch mit hohen Kosten einher, weshalb sie nicht immer als gängige Eiweiß-Supplements angeboten werden. Logisch, schließlich handelt es sich hier um Lebewesen oder jene, die zu einem werden sollten. Textur und Geschmack sind gewöhnungsbedürftig und als „Shake to go“ eignen sich solche Produkte eher weniger. Konträr gelten als besonders günstig, gut verarbeitbar und mobil jene hochwertige Eiweiße, die bei der Milch- und Käseherstellung anfallen.

Pflanzliche Eiweiße sind „unvollständig“, dafür nachhaltiger

Pflanzliche Eiweißquellen wiederum sind – unglücklicherweise – häufig keine „vollständigen“ Proteinquellen. In den meisten Fällen mangelt es an 1-2 unentbehrlichen Aminosäuren, um die Eiweißqualität als besonders hoch einstufen zu können. Aus diesem Grund ist es ratsam, mehrere pflanzliche Eiweißquellen miteinander zu kombinieren. So ergänzen sich die fehlenden Aminosäuren, was die Wertigkeit extrem anhebt. In der normalen, abwechslungsreichen und vielseitigen Ernährungskost passiert dies ohnehin. Dort besteht, wie wir später noch sehen werden, gar kein Bedarf nach der „besten“ Proteinquelle zu suchen.

Nüsse, Samen, Kerne und Hülsenfrüchte liefern einen wertvollen Beitrag für unsere Gesundheit und sind zugleich erstklassige natürliche Eiweißspender!

Als kleinen Pluspunkt sollte man die Nachhaltigkeit ansprechen. Während die Viehzucht teilweise dramatische Auswirkungen auf unseren ökologischen Fußabdruck hat, können pflanzliche Lebensmittel eine bessere Alternative darstellen. Eine kleine Ausnahme stellt das Molkenprotein dar, da es für die Käseherstellung zwangsläufig als „Abfallprodukt“ anfällt und somit eine sinnvolle Verwertung begrüßenswert ist.

Sollten wir allerdings aus Casein, Eiprotein oder sogar Fleischproteine zu sprechen kommen, so empfiehlt es sich, akribisch die Herkunft des Produkts und Haltung der Tiere nachzurecherchieren. Als Beispiel wird beim SPORTBIONIER-Shop ausschließlich Eiprotein verkauft, welches aus verschiedensten Gründen nicht in den Handel gekommen wäre (z. B. weil die Schalen Risse aufwiesen).

Das Überprüfen der Nachhaltigkeit und eigenen ethischen Grenzen gilt selbstverständlich für ALLE Produkte, ganz gleich ob Fleisch, Ei, Molke oder Pflanze! Nur so können wir einen positiven Beitrag in unserer Gesellschaft und für eine nachhaltigere Zukunft leisten!

Whey, Casein oder Soja: was ist besser und gesünder?

Die bisher besten untersuchten Proteinquellen in der Wissenschaft sind das Whey Protein, Casein und Sojaprotein als pflanzliches Äquivalent. Alle drei weisen einen PDCAA-Score von 1,0 auf (Hoffman & Falvo, 2004). Insofern sind theoretisch alle drei Eiweißquellen erstmal als sehr gut einzustufen. Detailliertere Fragestellungen bzgl. Stimulierungseffekt der Muskelproteinsynthese oder andere gesundheitlichen Vorteile sind somit für den Otto Normalverbraucher nicht weiter interessant. Dieser sollte stattdessen andere Aspekte berücksichtigen: Woher stammt mein Produkt? In welchem Land wird es hergestellt und wo wird es abgefüllt? Würde ich auch Gemüse aus China kaufen, nur weil es 10 Cent günstiger je 100 g ist? Benötige ich dieses Eiweißpulver überhaupt oder bin ich nur auf einen Eiweißtrend gesprungen, der für mich nicht weiter sinnvoll ist?

Milchprodukt oder pflanzliches Eiweiß? Whey, Casein oder Soja? – Gibt es das BESTE Protein? Was sind Vor- und Nachteile der jeweiligen Eiweißquellen?

Für alle anderen, ob Sportler, Trainer, Coaches, Berater oder Lehrende: Nun geht’s ins wissenschaftliche Detail! Allerdings nur zu den drei oben genannten Eiweißquellen. Vergleichbare Daten zum Ei-, Hanf-, Erbsen- und Reisprotein fehlen schlichtweg. Dies ist insofern schade, da diese Eiweiße ebenfalls schon länger als Pulver auf dem Supplement-Markt zu erwerben sind. Dennoch lassen sich aus den bisherigen Studien schon einige sehr wichtige Erkenntnisse schließen. Die restliche Wissenschaft wird ergänzt durch Erfahrungswerte von Sportlern, Coaches, Beratern und Trainern aus der Praxis – kurz gesagt: von uns, die ausprobieren und eigene Schlüsse ziehen! Ganz nach dem Motto: »Probieren geht über Studieren!«

Whey Protein – Molke ist Power!

Molke ist ein vollständiges Protein. Das heißt, dass dieses Lebensmittel alle unentbehrlichen Aminosäuren für eine optimale Eiweißversorgung in sich trägt. Beispielsweise enthält Molke hohe Mengen an BCAA. Darunter gehört auch die Aminosäure Leucin, welche einen bedeutenden Effekt für den Muskelaufbau haben soll (Norton & Layman, 2006).

In der Liste der Inhaltsstoffe im SPORTBIONIER-Shop kann man das Aminosäurenprofil des Bio-Molkenproteins nachschauen.

Gleichzeitig wird den BCAA eine anti-katabole Wirkung während des Trainings nachgesagt (MacLean et al., 1994), was jedoch umstritten ist, da andere Studien ausschließlich einen Effekt nach dem Training aufzeigen können (Blomstrand & Saltin, 2001). Unumstritten ist die Tatsache, dass Whey Protein insbesondere bei jüngeren Kraftathleten beim Aufbau der Muskelmasse und der Muskelkraft sowie beim Abbau von Fettmasse unterstützt, wie eine ganz aktuelle Meta-Analyse zeigt (Li & Liu, 2019).

Außerdem werden der Molke gesundheitlich positive Effekte zugeschrieben, da sie viel Cystein enthält. Diese Aminosäure scheint den Glutathionspiegel zu erhöhen. Glutathion wiederum gehört zu den wichtigsten als Antioxidans wirkenden Stoffen im Körper und könnte somit in der bei der Bekämpfung verschiedener Krankheiten wie Krebs oder bei HIV unterstützend wirken (Bounous, 2000; Ha & Zemel, 2003).

Weiterhin sollen bestimmte Proteine wie z. B. das enthaltende Lactoferrin in der Molke immunmodulierende Effekte aufweisen (Ha & Zemel, 2003). Dieser mutmaßliche „Schutzeffekt“ würde insbesondere dem Sportler nach einer hochintensiven Trainingseinheit mit dem bekannten Open-Window-Effekt (erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit kurz nach dem Training) zugutekommen.

Zuletzt enthält Molke nicht nur Eiweiß. Auch Mineralstoffe wie Kalium und Calcium sind in der beliebten Eiweißquelle in hohen Mengen enthalten. Dabei soll insbesondere das Calcium in Kombination mit hochwertigen Milcheiweißen zu einer verbesserten Körperzusammensetzung führen, indem Fettgewebe mobilisiert und abgebaut wird und die Proteinsynthese gefördert wird (Ha & Zemel, 2003). Dass eine verbesserte Körperzusammensetzung mit einer calciumreichen Ernährung zusammenhängt, konnte man auch schon in früheren Studien beobachten (vgl. McCarron et al., 1984; Zemel et al., 2000).

Casein – wirkt länger als Whey!

Casein gehört wie das Whey zu den vollständigen Proteinen. Tatsächlich besteht die menschliche Muttermilch aus ca. 40 % Casein. Der große Unterschied in der Eiweißverstoffwechselung zwischen Whey und Casein liegt in der molekularen Struktur: Während Molkenproteine schnell verdaut und resorbiert werden können, besitzt Casein eine Micellen-ähnliche Struktur. Gelangt ein Caseinprotein in den Magen, bildet sich ein Eiweiß-„Klumpen“. Das Eiweißmolekül gerinnt und muss nun wie eine feste Kugel von der Oberfläche bis zum Inneren allmählich aufgebrochen werden.

Casein kann man sich ein wenig wie die in meiner Kindheit beliebten Monster-Wunderbälle vorstellen. Man konnte an der Oberfläche des Dauerlutschers stundenlang, teilweise ganze Tage verbringen, bis die Oberfläche der Kugel aufgebrochen war. Dagegen kann man sich Molkenproteine wie Fruchtgummis in Schlangenform vorstellen. Man kann sie sehr schnell und von jeder Seite, ja sogar von der Mitte aus abbeißen. Der Dauerlutscher führt also zu einem relativ gleichmäßigen Zuckeranstieg über längere Zeit, während die Fruchtschlangen zu einer Blutzucker-Spitze für kurze Zeit führen, der schnell wieder absinkt.

Käse und Quark sind besonders reich an Casein. Diesem Eiweiß haben sie auch ihre feste Form zu verdanken!

Aminosäuren steigen und fallen im Blut – wie der Blutzucker!

Tatsächlich ist der Vergleich mit dem Blutzucker mit der Wirkungsweise von Whey Protein und Casein zu vergleichen. Im Jahre 1997 haben Herr Dr. Boirie und seine Wissenschaftskollegen die Aufnahme verschiedener Proteinquellen miteinander verglichen und mittels aufwändiger Isotop-Verfahren (u. a. am Leucin) analysiert und ausgewertet. Dabei fiel auf, dass die Gabe von 30 g Whey Protein zu einer Proteinsynthese-Stimulation von 68 % führte. Im Verleich: Die Aufnahme von 30 g Casein stimulierte die Proteinsynthese gerade einmal um 31 % (Boirie et al., 1997) .

Doch die akute Proteinsynthese-Steigerung ist nur die halbe Wahrheit. Während der Leucinspiegel im Blut nach der Aufnahme von Molkenprotein schon nach 7 Stunden auf Ausgangsniveau einkehrte, war der Leucinspiegel 7 Stunden nach der Caseinzufuhr immer noch signifikant erhöht (Boirie et al., 1997). Man kann also festhalten, dass Whey Protein zur höchsten Aminosäuren-Verwertung führt und somit potenziell den höchste Muskelaufbaurate erzielen sollte. Gleichzeitig flacht der Aminosäurenpool genau aus diesem Grund sehr schnell ab. Möchte man also längerfristig katabolen Effekten nach dem Training entgegenwirken, empfiehlt es sich, auf die Verdauungsrate zu achten. Hier scheint Casein im Vorteil zu sein (vgl. Hoffman & Falvo, 2004).

Whey erreicht nach kürzestester einen Spitzenwert in der Leucin-Konzentration und -Oxidation. Allerdings flacht die Kurve schnell wieder ab, während Casein über 7 Stunden lang eine höhere Leucin-Konzentration im Blutplasma gewährleistet (mod. nach Boirie et al., 1997).

Daraus ergibt sich eine ganz leichte Faustregel: Um eine maximale Muskelproteinsynthese zu erreichen, sollte unmittelbar nach einer intensiven Trainingseinheit 25 g Molkenprotein zugeführt werden. Wird man für längere Zeit nichts essen können, z. B. kurz vor dem Zubettgehen oder während einer langen Arbeitsschicht, so ergibt sich die logische Konsequenz einer Caseinzufuhr. Optimalerweise über den Verzehr von regionalen, ökologisch-kontrollierten Milchprodukte wie Käse oder Quark. So ist man über den ganzen Tag hinweg optimal mit Aminosäuren versorgt.

Das Wesentliche: Das Casein begleitet uns schon seit Säuglingsbeginn. Aufgrund seiner micellenförmigen Struktur dauert es länger, bis der Eiweißklumpen im Magen-Darm-Trakt vollständig verdaut werden kann. So versorgt uns das Casein über mehrere Stunden mit ausreichend Aminosäuren für eine optimale Eiweißversorgung. Eine günstige Eiweißquelle über Nacht oder bei längerer Nahrungskarenz also! Günstige Caseinquellen sind Milch, Milchprodukte und Caseinpulver. Insbesondere Käse und Quark bestehen nahezu komplett aus Casein und eignen sich perfekt als antikatabole Eiweißquelle.

Soja – ’s‘ wie schwierig

Sojaprotein ist die weltweit häufigst genutzte Eiweißquelle pflanzlichen Ursprungs. Ein Grund könnte darin liegen, dass Soja ein vollständiges Aminosäurenprofil mit hoher Konzentration an BCAAs aufweist. Zudem gilt Sojaproteinisolat als sehr bekömmlich, sodass Menschen mit Milchunverträglichkeiten lieber auf diese Alternative zugreifen.

Nicht nur die Sojabohne, sondern auch das Sojaprotein gelten als besonders gesund. In einer Studie von Clare Hasler wurden Reviews und Meta-Analysen herangezogen, um den gesundheitlichen Effekten von hohem Verzehr an Sojaproteinen nachzugehen. Dabei zeigte sich, dass Sojaproteine sehr signifkante Auswirkungen auf die Blutfettwerte haben – und zwar ins Positive (vgl. Hasler, 2002)!

Reichlich BCAA und gesund – warum dann nicht IMMER Sojaprotein?

Tatsächlich stellte sich Sojaprotein als recht attraktiv heraus, weshalb die Food and Drug Administration in den USA Aussagen erlaubt wie folgende „[…] 25 grams of soy protein a day […] may reduce the risk of heart disease.“ (nach dem Code of Federal Regulations, 21CFR101), auf Deutsch in etwa: „25 Gramm Sojaprotein können das Risiko für Herz-Erkrankungen senken.“

Eignet sich die Sojabohne vielleicht doch als optimaler pflanzlicher Eiweißersatz?

Als mögliche bioaktive Substanzen gelten vor allem sekundäre Pflanzenstoffe wie Saponine, Isoflavone, Phytosterine, Proteaseinhibitoren, und Phytoöstrogene in der Sojabohne. Diese sollen sich auf Blutfettwerten, Blutdruck und sogar auf die Häufigkeit von Krebsentstehungen positiv auswirken. Gleichzeitig wird der aufmerksame Sportler und Leser stutzig: Proteaseinhibitoren? Phytoöstrogene? Moment mal, da war doch was…

Soja hemmt die Aufnahme von Eiweißen…

Richtig. Proteaseinhibitoren sind Moleküle, die an Protein-abbauende Enzyme andocken und diese deaktivieren. In der Sojabohne finden wir beispielsweise Trypsininhibitoren vor, die letztlich die Hydrolyse von Eiweißen im Verdauungstrakt einschränken und somit möglicherweise auch die Eiweißaufnahme im Darm einschränken. Gleichzeitig finden wir in der Hülsenfrucht Gerbstoffe wie Tannine vor, die die Resorption von Nährstoffen zusätzlich hemmen können.

… und wirkt wie ein Dopingmittel für Frauen

Phytoöstrogene wiederum haben eine Östrogen-ähnliche Molekülstruktur, was dazu führen kann, dass sie hormonell wirksam werden. Insbesondere im asiatischen Raum hat man feststellen können, dass Frau seltener an Brustkrebs verstarben, wenn sie viel Soja verzehrten. Gleichzeitig scheinen Phytoöstrogene bei Beschwerden während und nach der Menopause zu helfen. Was für die Frau ganz gut klingt, scheint für den Mann etwas bedenklich. Denn möchte man wirklich Stoffe über die Nahrung aufnehmen, die ähnlich zum weiblichen Sexualhormon sind?

Darum ist Molkenprotein dem Casein & Soja überlegen

Grundsätzlich kann man festhalten, dass Molkenproteine vergleichbar gut verstoffwechselt wwerden wie Soja- und Milchproteine. Trotzdem konnten Prof. Dr. Phillips und seine Kollegen in einer Studie aus dem Jahre 2009 zeigen, dass Molkeneiweiß einen kleinen Vorteil gegenüber Soja- und Milcheiweiß hat. Trotz der theoretisch ähnlich guten Eiweißverwertbarkeit von Milch, Molke und Sojaprotein (alle haben einen PDCAA-Score von 1,0) führt Molkenprotein in mindestens 9 aussagekräftigen Sportuntersuchungen – größtenteils bezogen auf muskelaufbau-orientiertes Krafttraining – zur effektivsten Muskelproteinsynthese im Vergleich zu Milch, Sojaproteinisolat oder reinen Kohlenhydraten (Phillips et al., 2009).

Nur das Wesentliche. Mein ganz klarer, persönlicher Favorit! Pures Bio-Whey aus Österreich vom Online-Shop SPORTBIONIER.

Dabei hatte die Kuhmilch, die hauptsächlich aus Casein besteht, die Muskelproteinsynthese zwar ähnlich gut stimuliert, allerdings muss man beachten, dass handelsübliche H-Milch auf 100 ml gerade einmal ca. 3 g Eiweiß enthält (Grunenberg, 2010). Um auf die empfohlene Eiweißmenge von 25 g post-workout zu kommen, müsste man also fast ein ganzes Liter Milch inklusive entsprechenden Fett- und Zuckeranteilen trinken!

Whey vs. Casein – 1:0 für Whey

Die Erklärung für die Überlegenheit von Whey Protein wird wie folgt erklärt: Im Gegensatz zu Casein ist das Molkenprotein aus molekularer Sicht einfacher aufgebaut und somit schneller verdaut (siehe oben), gut säurelöslich (bzw. verklumpt nicht wie beim Casein der Fall) und damit sehr schnell im Blut verfügbar. Der Aminosäuregehalt steigt im Blut sofort an.

Ein weiterer Pluspunkt für das Whey ergibt sich dadurch, dass die Molke als Beiprodukt bei der Käseherstellung anfällt. Insbesondere bei ökologisch-kontrollierten und tierartgerecht produzierten Produkten würde so ein wertvoller Rohstoff für körperlich aktive Menschen einfach zum „Abfall“ werden bzw. als Massenprodukt anderweitig verarbeitet worden. Mit dem Kauf von Molkenprotein tut man also etwas für die ökologische Nachhaltigkeit, während Casein aus dem Milchprodukt selbst extrahiert werden muss, was alles andere als nachhaltig ist.

Whey vs. Sojaprotein – 2:0 für Whey

Sojaprotein ist jedoch ähnlich leicht verdaulich und somit ungefähr gleich schnell verfügbar wie Molkenprotein. Doch auch Soja kann mit dem Whey Protein aus verschiedensten Gründen nicht mithalten. Zum einen ist die Bioverfügbarkeit des Sojaproteins wegen der unterschiedlichen bioaktiven Substanzen wie Proteaseinhibitoren oder Gerbstoffe (siehe oben) nicht so gut wie bei der Molke, die solche Substanzen nicht enthält. Zum anderen enthält Soja gerade einmal die Hälfte des Leucingehalts vom Whey, wie die unten stehende Tabelle (mod. nach Devries & Phillips, 2015) aufzeigt.

 WheyCaseinSoja
Protein vollständig?JaJaJa
PDCAA-Score1,01,01,0
Verdaulichkeitschnelllangsamschnell
Aminosäurengehalt (bei 25 g Eiweißanteil)   
Leucin3,0 g2,3 g1,5 g
EAA12,4 g11,0 g9,0 g
BCAA5,6 g4,9 g3,4 g

Die geringere Bioverfügbarkeit von Sojaprotein im Verglech zu Milchproteinen ließ sich ebenso anhand von viszeralen metabolischen Effekten und einer erhöhten Urea-Synthese und -Oxidation nachweisen (vgl. Devries & Phillips, 2015).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sojaprotein aufgrund seiner geringeren Bioverfügbarkeit und seiner geringeren Mengen an unentbehrlichen Aminosäuren (EAA), BCAA und der „Schlüssel-Aminosäure“ Leucin zu einem geringerem Anstieg an Aminosäuren im Blutplasma führen. Damit erzielt Soja im Vergleich zu Whey Protein keinen so guten anabolen Effekt für den Muskelaufbau und zugleich einen weniger ausgeprägten antikatabolen Effekt, ergo einem geringeren Schutz vor Muskelabbau.

Das Wesentliche: Molkenprotein (bzw. Whey Protein), Casein und Sojaproteinisolat sind prinzipiell alle drei sehr gute Eiweißquellen. Jedoch scheint das Whey Protein aus folgenden Gründen die beste Eiweißquelle für Sportler zu sein: 1) Whey stimuliert den Aufbau von Muskelprotein am schnellsten und am stärksten. 2) Whey enthält von Natur aus eine sehr hohe Konzentrationen an EAA und BCAA (v. a. Leucin), was die zusätzliche Supplementierung einzelner Aminosäuren überflüssig macht. 3) Whey kann unter Umständen das Immunsystem mittels Cystein und Lactofferin unterstützen und stärken und 4) enthält keine verdauungshemmenden Proteaseinhibitoren, Gerbstoffe oder Östrogen-ähnliche Wirkstoffe. 5) Whey enthält viele Mineralstoffe wie Kalium und Calcium, wobei sich v. a. das Calcium positiv auf die Körperzusammensetzung auswirken soll. Und zu guter Letzt: 6) Molkenprotein ist im Gegensatz zu Casein- und Sojaproteinen aus einem Nebenprodukt („Abfall“) aus der Käseherstellung gewonnen. Somit ist die Entscheidung für Molkenprotein ein nachhaltigerer ökologischer Zyklus in unserer Ernährungsweise.

Und welche Eiweißquellen nimmst du zu dir?

Kaufst du Proteinpulver? Oder verzehrst du ausschließlich natürliche Proteinquellen? Welche Eiweißquellen nimmst du zu dir? Hast du bestimmte Lebensmittel, die immer auf dem Speiseplan stehen? Gibt es auch welche, die du vermeidest? Und zu welchen Zeiten nimmst du das Eiweiß zu dir?

Ich interessiere mich für deine Meinung! Also hinterlasse doch bitte dem Beitrag einen Kommentar und schreibe deine persönliche, vielleicht ganz andere Sichtweise. Außerdem würde ich mich über ein kleines Feedback für diesen Blog-Beitrag sehr freuen!

Esst eiweißbetont & lecker!
Adrian Famula aka Famulus

Quellen

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