Kraft- oder Ausdauertraining – Was ist besser?

Wer sich mit seiner eigenen Gesundheit beschäftigt und sie mit Sport positiv beeinflussen möchte, der stolpert früher oder später über die Frage, was den größten Einfluss darauf hat: Kraft- oder Ausdauertraining – was ist besser für die Gesundheit?

Eine Diskussion, die ich im Fitnessstudio immer wieder erlebe und die beinahe philosophische Ausmaße annimmt.
Grundlegend für die Beantwortung sollte die Frage nach dem Ziel sein: Was möchte ich mit der körperlichen Aktivität erreichen?
Willst du einen Marathon schaffen? Dann ist die Antwort recht eindeutig. Willst du Muskeln aufbauen und einen starken Rücken entwickeln? Auch hier liegt die Antwort nahe. Möchtest du besser Aussehen, deine Gesundheit verbessern oder Krankheiten vorbeugen? Hmm … an diesem Punkt wird es schwammig und es spalten sich die Geister.

An dieser Stelle soll dieser Beitrag ansetzen und die Frage beantworten, ob Kraft- oder Ausdauertraining besser für bestimmte gesundheitliche Parameter ist (Wohlbefinden, Krankheitswahrscheinlichkeit, optisches Erscheinungsbild).

Kraftsport

Kraftsport ist ein sehr großer Begriff, der sicherlich bei jedem Leser für andere Assoziationen sorgt. Distanzieren möchte ich mich in dieser Bewertung von Bodybuilding, Powerlifting oder Crossfit. Um es recht platt zu formulieren bedeutet Kraftsport zwei- bis dreimal pro Woche schwere Dinge zu heben, um dadurch Wachstumsreize für Muskeln, Knochen und andere Systeme unseres Körpers zu setzen. Mehr braucht ein gesundheitsorientierter Sportler im Grunde nicht zu tun. 

Die Evidenz zur Wirksamkeit des Kraftsports ist überwältigend, was sicher auch nicht verwunderlich ist: [1]

  • Kraftsport bremst den altersbedingten Muskelabbau, der pro Dekade bei 3 – 8 Prozent liegen kann
  • Krafttraining kann den Stoffwechsel anregen, reduziert den Blutdruck, verbessert das Fettsäureprofil im Blut und beseitigt Störungen in der Blutzuckerregulation (Diabetes)
  • auf kognitiver Ebene verbessert sich das Selbstbewusstsein, Müdigkeit wird beseitigt und depressive Symptome werden reduziert
  • regelmäßiges Training mit schweren Gewichten kann Erkrankungen positiv beeinflussen, darunter die TOP 3 Erkrankungen Koronare Herzkrankheit / Herzinfarkt, Demenz und COPD (chronische Lungenerkrankung)
  • eine weitere stärke des Krafttrainings erfährt man unmittelbar nach dem Training: eine bessere Stimmung, ein verbessertes Hormonprofil → kurz gesagt, es fließt wieder Leben durch deine Adern

Wie du sieht, bietet Krafttraining schon eine große Palette an Gesundheitseffekten. Zu beachten ist, dass Krafttraining Ressourcen benötigt, wobei ich vor allem auf Nahrung anspiele. Krafttraining zwingt deinen Körper zu Anpassungsmechanismen (Adaption). Dafür werden Energie in Form von Fetten und Kohlenhydraten, Aminosäuren und Vitamine und Nährstoffe benötigt. Regeneration in Form von Schlaf ist natürlich auch nötig, damit du von den Effekten des Krafttrainings bestmöglich profitierst!

Ausdauersport

Ausdauersport kann sich mit einer ebenso hohen Evidenz wie Kraftsport brüsten. In Studien finden sich nahezu dieselben Effekte auf Erkrankungsbilder: [2] [3]

  • Ausdauersport wirkt präventiv und therapeutisch bei Diabetes, Demenz oder Herzerkrankungen
  • besondere Effekte ergeben sich auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das metabolische Syndrom
  • genauso zeigen sich positive Effekte Krebserkrankungen 
  • Ausdauersport hebt die Stimmung 

Auch hier distanziere ich mich von exzessiven Sportarten wie Triathlon, Marathon oder Crossläufe. Diese Sportarten sind keinesfalls schlechter, sie sollten jedoch extra bewertet werden, da sie anderen Zielen folgen. Hier verstehe ich Ausdauersport als eine regelmäßige moderate Tätigkeit, die das Herz-Kreislauf-System beansprucht – platt gesprochen wäre dies die typische Jogging-Runde nach der Arbeit.

Das Wesentliche: Egal, ob Kraft- oder Ausdauersport – körperliche Bewegung an sich hat einen sehr stark positiven Einfluss auf deine Gesundheit.

Unterschiede zwischen Kraft- und Ausdauertraining

Auf molekularer Ebene ergeben sich jedoch Unterschiede. Ausdauertraining aktiviert hauptsächlich den AMPK Signalweg, der sich auf mitochondrialer Ebene. Ausdauertraining erhöht also die Anzahl deiner Mitochondrien (Kraftwerke deiner Zellen). Das ist ein sehr wichtiger Signalweg, da er für einen funktionierende Stoffwechsel entscheidend ist und sich in mehr Ausdauer und Lebensenergie äußern wird (Abb. 1).

Krafttraining funktioniert dagegen eher auf muskulärer Ebene und setzt Wachstumsreize auf die Muskulatur. [4]

„However, resistance training results in increases in the myofibrillar proteins (actin and myosin), whereas endurance training increases mitochondrial proteins.“ (Hawley, 2009)

Abb.1. Die unterschiede von Kraft- und Ausdauertraining auf molekularer Ebene. Krafttraining wirkt vorwiegend über die Aktivierung von mTOR und verbessert den Muskelaufbau. Ausdauertraining aktiviert den AMPK Signalweg und wirkt positiv auf die Mitochondrien. Beides ist wichtig für uns! [4]

Interessiert hat mich auch der Unterschied von Kraft- und Ausdauertraining hinsichtlich der Körperkomposition. Eine Antwort auf die Frage geben Lehri und Mokha (2006). In der Studie wurden 120 Frauen getestet, die verschiedene Formen des körperlichen Trainings testeten. Abbildung 2 zeigt ein deutliches Bild. Zu erkennen ist, dass Kraft- als auch Ausdauertraining hervorragend zum Gewichtsmanagement geeignet ist. Cardiotraining bringt mehr Körperfettverlust mit sich, während Krafttraining die Magermasse schützt bzw. erhält (Muskelaufbau). Eine Kombination aus beiden Trainingsarten scheint ebenfalls sinnvoll.[5] 

„Aerobic training has been observed to decrease body weight from both the fat and muscle compartments while strength training conserved the lean body mass and reduced the fat compartment and thus caused favourable body composition in females.“ (Lehri und Mokha, 2006)

Abb.2. Unterschiede der Körperzusammensetzung nach verschiedenen Trainingsmethoden. [5]

Dieses Bild hat sich auch immer wieder bei meinen Kunden gezeigt. Die Effekte des Ausdauertrainings zeigen sich zwar schneller auf der Waage (weißer gepunkteter Balken), aber damit geht auch oft ein Verlust an Magermasse einher. Eine proteinreiche Ernährung kann hier schützend wirken. Krafttraining hat oft keinen sichtbaren Effekt auf der Waage, da zwar Körperfett sinkt, aber Muskelmasse aufgebaut wird. 

Schlussendlich kann man die Effekte des Kraft- und Ausdauertrainings nicht gänzlich separieren, da es immer Cross-Effekte gibt. [6]

Bewegung ist und bleibt ein wichtiger Reiz für unseren Körper und Kraft- als auch Ausdauertraining haben ihren berechtigten Platz. Auch Mischformen, wie hochintensives Intervalltraining, zum Beispiel in Form von Tabata Training sind eine gute Methode!

Weitere Faktoren: Zeit, Geld und Praktikabilität

Ausdauersport scheint hinsichtlich der Ausführung noch etwas abwechslungsreicher zu sein. Du kannst Laufen, Schwimmen, Radfahren, Fußballspielen, Walken, Wandern, Tanzen, Seilspringen, Trampolinspringen und vieles mehr. Der Zugang ist für die meisten Menschen niedrigschwelliger – Laufen ist wohl der häufigste Einstiegspunkt. 

Krafttraining verlangt etwas mehr Technik und Liebe fürs Detail. Kniebeugen, Liegestütze und Klimmzüge haben hohe Anforderungen an Technik (Koordination), was für viele Menschen zunächst abschreckend wirkt. Außerdem haben einige Menschen negative Assoziationen mit Kraftsport, da sie Bodybuilder und Pumper vor ihrem geistigen Auge sehen. 

Ansonsten spricht der Zeitfaktor eher für das Krafttraining. In 30 Minuten kannst du bereits drei bis vier Grundübungen trainieren, die für die beschriebenen Effekte vollkommen ausreichen. Moderates Ausdauertraining benötigt mehr Zeit pro Training (45 – 90 Minuten) oder sollte häufiger pro Woche durchgeführt werden.

Hinsichtlich des Kostenfaktors sehe ich das Ausdauertraining leicht vorn. Eine Fitnessstudiomitgliedschaft mit Kraft- und Cardiobereich kostet 20 Euro im Monat. Für das Laufen brauchst du nur ein paar Laufschuhe und ansonsten kannst du kostenlos durch den Wald rennen.  Für das Krafttraining gibt es auch immer mehr freie Trainingstationen in Parkanlagen. Langfristig ist aber ein Fitnessstudio empfehlenswert, um Gewichte steigern zu können und den Trainingserfolg zu erhöhen.

Fazit 

Kraft- und Ausdauertraining sind hervorragende Booster für deine Gesundheit. Grundsätzlich machst du nichts verkehrt, wenn du dich für die eine oder andere Seite entscheidest. [7] 

Wenn du mich dennoch nach einer subjektiven Entscheidung fragst, welche Form des Trainings ich wählen würde, dann wäre es Krafttraining. Warum? Also Freund des Pareto-Prinzips suche ich nach möglichst effektiven Wegen meine Gesundheit positiv zu beeinflussen. Krafttraining ist daher die Methode meiner Wahl. Ich trainiere aktuell 3 x 30 Minuten pro Woche Grundübungen wie Kniebeuge, Kreuzheben, Bankdrücken und Klimmzüge. Damit erreiche ich die oben beschriebenen Effekte mit einem Zeitaufwand von 1,5 Stunden pro Woche. 

Mir sind außerdem die Muskelaufbaureize für einen starken Rücken, eine gute Optik und als Fettverbrennungsmaschine besonders wichtig. Außerdem trainiere ich mehr natürliche Bewegungsmuster wie Heben, Ziehen, Schieben und Tragen, wodurch der Übertrag auf den Alltag höher ist. Ausdauertraining schleicht sich (bei mir) meist zufällig in den Alltag ein (Mit dem Rad zur Arbeit, straffe Spaziergänge, Fußball), wodurch ich keine zusätzliche Zeit dafür aufbringen muss.

Den oben beschriebenen AMPK Signalweg, der die Stärke des Ausdauertrainings ist, aktiviere ich dabei über zusätzliches Intervallfasten, wodurch ich auch die Anzahl meiner Mitochondrien erhöhe, ohne 90 Minuten auf dem Laufband zu verbringen. 

Fazit vom Fazit

Objektive Antwort: Krafttraining, Ausdauertraining oder Mischformen sind Pflicht für einen gesunden Lebensstil.

Subjektive Antwort: Krafttraining ist zeiteffektiver und wichtiger für den Alltag.

Das Wesentliche: Suche dir einen Sport, der dir Spaß macht und den du gut in dein Leben integrieren kannst. Es ist die Bewegung an sich, die deine Gesundheit sehr positiv beeinflusst. Und vergiss nie: Der Mensch wächst am Widerstand. Das gilt auch oder besonders für die körperliche Betätigung. Versuche besser zu werden und führe dich an deine eigenen Grenzen.

Quellen

[1] Westcott, Wayne L. (2012): Resistance training is medicine: effects of strength training on health. In: Current sports medicine reports 11 (4), S. 209–216. DOI: 10.1249/JSR.0b013e31825dabb8.

[2] Cornelissen, V. A., & Fagard, R. H. (2005). Effects of endurance training on blood pressure, blood pressure–regulating mechanisms, and cardiovascular risk factors. Hypertension, 46(4), 667-675.

[3] Meredith, C. N., Frontera, W. R., Fisher, E. C., Hughes, V. A., Herland, J. C., Edwards, J., & Evans, W. J. (1989). Peripheral effects of endurance training in young and old subjects. Journal of Applied Physiology, 66(6), 2844-2849.

[4] Hawley, John A. (2009): Molecular responses to strength and endurance training: are they incompatible? In: Applied physiology, nutrition, and metabolism = Physiologie appliquee, nutrition et metabolisme 34 (3), S. 355–361. DOI: 10.1139/H09-023.

[5] Lehri A, Mokha R. Effectiveness of Aerobic and Strength Training in Causing Weight loss and favourable Body Composition in Females. Journal of Exercise Science and Physiotherapy. 2006; 2: 96-99.

[6] Kazior, Zuzanna; Willis, Sarah J.; Moberg, Marcus; Apró, William; Calbet, José A. L.; Holmberg, Hans-Christer; Blomstrand, Eva (2016): Endurance Exercise Enhances the Effect of Strength Training on Muscle Fiber Size and Protein Expression of Akt and mTOR. In: PloS one 11 (2), e0149082. DOI: 10.1371/journal.pone.0149082.

[7] Kang, J., & Ratamess, N. (2014). Which comes first? Resistance before aerobic exercise or vice versa?. ACSM’s Health & Fitness Journal, 18(1), 9-14.

Philip Kobler

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