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Fitness Fake – darüber spricht keiner

Ein Gastbeitrag von Bikini-Athletin Sophie Freundorfer

“Es war nicht leicht mich öffentlich zur Bulimie zu bekennen”, Fitnessmodel Sophie

Überall wird uns suggeriert, dass Sportler ein relativ gesundes Verhältnis zu Essen und zu ihrem Körper haben. An allen Ecken liest man von #cleaneating bis #healthybody #fitnessfood und all diese Dinge. Uns wird das Bild vermittelt, dass die meisten Sportler und Fitnessanhänger ihren Alltag und ihr Leben super im Griff haben. Sie kennen ihren Körper, zeigen Disziplin und Durchhaltevermögen, wissen sich zu ernähren, lieben und leben eine gesunde Lebensweise vor und sind mental stark. So kommt das bei mir an, wenn ich bei Instagram die Profile der Fitnessdamen und Herren betrachte. Sie haben  anscheinend auch einen Weg gefunden, ab und an sich etwas Ungesundes zu gönnen und gehen dann am nächsten Tag ohne Probleme zu ihrem Essensplan zurück und sind da total entspannt…

Ich kenne jedoch eine andere Wahrheit, auf die ich näher eingehen möchte.

Die Profile sind voll mit Selfies von Sportlern, die stolz ihren “Cheatday” preisgeben und präsentieren was sie nicht schon alles an Schokoriegeln und Eis gefuttert haben und was sie sich noch alles in ihren fettfreien Körper reinstopfen wollen….. Ich persönlich komme mir so verarscht vor, wenn extrem dünne und trainierte Mädels regelmäßig ihre Junk food Eskapaden in den Social Medias mit uns teilen, da ich weiß, dass das dann oft im Klo landet oder durch extreme Trainingseinheiten kompensiert wird. Natürlich ist mir klar, dass es nicht bei allen so ist, aber bei sehr vielen.

Woher ich das weiß? Ich kenne einige davon und ich selbst litt gute 10 Jahre an Bulimie.

“Ich selbst litt 10 Jahre lang an Bulimie”

Seit einigen Jahren beobachte ich wie Essstörungen in unserer Gesellschaft und gerade im Fitness- und Kraftsportbereich immer “beliebter” werden. Mittlerweile fühlt es sich eher so an, als wäre das der normale Zustand. Sehr wenige haben noch ein entspanntes Verhältnis zu ihrem Körper und der Nahrungsaufnahme. Irgendwie bekomme ich immer das Gefühl, als würden diese Schwierigkeiten unter den Teppich gekehrt werden, da eh so viele davon betroffen sind. Viele Leute sind mit dem Thema Essstörung im wahrsten Sinne des Wortes übersättigt. Keiner will mehr davon etwas hören oder zu Gesicht bekommen.
Es wird ganz einfach abgetan, so als wäre es nicht mehr da. Bis zu einem gewissen Grad wird es einfach ignoriert.

365 Tage im Jahr in Shape – Bullshit!

Der Schein nach außen ist das Wichtigste. Dieser Schein ist zum Normalzustand geworden. Alles wird “gefaked” und verschönert. So wird dem Publikum auf Instagram gezeigt, dass diese Fitnessmodels 365 Tage im Jahr “in Shape” sind.
Der typisch propagierte Fitnessalltag sieht so aus, dass 5 Tage in der Woche hart trainiert wird und zu 100% clean gegessen wird, also Reis mit magerem Fleisch und ganz klassisch am Wochenende wird Junk rein gefressen, da man sich für die Arbeit, die man unter der Woche vollbracht hat, belohnen will. ABER nur nicht zunehmen oder “aufschwemmen”! So kommt es, dass die Pizza oben wieder raus muss, also erbrochen wird, um es ungeschehen zu machen.

Perfekter Körper. Der Höhepunkt im Jahr. Eine Momentaufnahme.

Ich möchte hier und jetzt mit dieser „neu kreierten“ Form der Essstörung abrechnen, da es bei mir damals ähnlich begonnen hat und ich anderen eine Warnung ans Herz legen möchte, weil man da sonst so schnell drinnen steckt.

Auch ich wollte vor gut 10 Jahren etwas ungeschehen machen, bei mir war es kein Junk, sondern simpler trockener Reis, den ich zum Feind erklärt hatte.
Aus einer kleinen Portion Reis wurden bald Packungsweise Haribos, Kuchen, Chips und so weiter. All das hatte ich mir zuvor verboten, da ich drei Jahre zuvor magersüchtig war, also seit meinem 12. Lebensjahr. Ich konnte einfach nicht mehr meinen selbsterlegten Regeln Stand halten und musste aus diesem Käfig ausbrechen.

Mit 14 Jahren war mein niedrigstes Gewicht bei 1.60m 37kg. Seit damals bin ich übrigens nicht mehr gewachsen. Soviel zum Thema Auswirkungen!
Für die Magersüchtigen unter euch: meine Waage zeigt gesunder Weise jetzt 20kg mehr an und ich fühle mich sehr wohl und leistungsstark, was ich mir damals nie hätte vorstellen können.

Zum Glück war meine Krankheit nie akut lebensbedrohlich. Bedeutet für mich, dass ich nie an eine Magensonde gehängt werden musste, da ich immer versucht habe mehr zu essen , als mir die magersüchtige Stimme in meinem Kopf sagte.
Ich hatte immer das Bewusstsein und die Klarheit, trotz Selbstzerstörungswahn, dass ich nicht unter 37 kg kommen durfte, da ich sonst zu viel Aufsehen erregen würde und ich wahrscheinlich so in die Magersucht reinkippen würde, aus der man mir nicht mehr raus helfen könnte. Ich hatte die Anorexie als so mächtig und so vieles stärker empfunden, als alles andere zuvor. Die hätte mich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ins Grab „geshreddet“.  Zum Glück verstummte die wachsame innere Stimme in mir nicht gänzlich!

“Ich hatte die Anorexie als so mächtig und so vieles stärker empfunden als alles andere zuvor.”

Ich wurde zum Spielball der Bulimie

Aus den Rückschlägen hat sie viel gelernt. Dieses
Wissen gib sie heute anderen weiter.

Die Entscheidung mich nach dem Essen zu erbrechen, um mich nicht mehr schuldig, willensschwach und fett zu fühlen, hat mir meine Zähne komplett zerstört, außerdem führte es durch die jahrelange Unterernährung zu Osteoporose und zu ein paar anderen Auswirkungen. Dafür trage ich allein die volle Verantwortung. Kein anderer ist schuld oder nimmt mir das ab, also höre auch du auf irgendwem anderen den schwarzen Peter zuzuschieben, wenn du da Troubles hast.

Du glaubst, dass „deine“ Essstörung das Allheilmittel für jede Emotion ist um mit allem besser klar zu kommen? Für eine kurze Zeitspanne hilft dir deine Essstörung auch dabei, mit deinen Emotionen besser fertig zu werden. Die Nebenwirkung ist nur, dass all deine Gefühle so eingehen, wie der Herzschlag eines Sterbenden. Harte Worte, die mich persönlich zum Aufwachen gebracht haben… Und ja, es ist so eine verdammte mentale Arbeit sich seinen Lebens-Puls und Freude wieder zurück zu holen, dass es viele nicht schaffen gesund zu werden. Wenn man einigen Quellen im Internet glauben schenken mag, liegt die Genesungsrate von Bulimikern bei einem Drittel. Das bedeutet zwei Drittel werden nicht oder nicht vollständig geheilt. Bei Magersüchtigen sieht diese Quote schon besser aus, so heilen ca 70% der Betroffenen, wobei die Sterberate bei 10%-15%liegt. Das heißt 1 Mensch von 10 stirbt.
Die Ergebnisse der Langzeitstudien ergeben jedoch, dass die meisten Magersüchtigen und Bulimiekranken sich in eine Ersatzsucht hineinbegeben oder sich die Essstörung verlagert in z.B. “Binge eating” (wiederholte Fressanfälle ohne sich zu übergeben). Wahrscheinlich gilt man dann laut Studien trotzdem als geheilt.

Die Heilung und der Sport

Die einen (Ex-) Esssgestörten versuchen durch den Sport die Problematik umzuwandeln und ein gesundes Verhältnis zu ihrem Körper wieder aufzubauen. Bei sehr vielen, wie auch bei mir hat das sehr viel positive Wirkung gezeigt. Ich spüre mich durch das Training um Längen besser und kann so besser mit Anspannung umgehen. 
Manch andere Mädels und Burschen, die bereits ein gutes Körpergefühl hatten, rutschen dann durch diesen Fitnesswahn in eine Essstörung hinein, da sie dem Druck nicht mehr Stand halten können perfekt zu sein.

Meiner Meinung nach sollte es doch eher gelten sich selbst anzunehmen und sich einzugestehen, dass das Perfekte eben nicht perfekt ist.
Nachdem mir jetzt keine schlauen Schlussworte einfallen, bedanke ich mich einfach bei dir für dein Zuhören und Lesen und bitte dich: gib Acht auf deine Gedanken, glaub nicht alles was du siehst und was dir die Bullshit Stimme so ins Ohr flüstert!

Alles Liebe

Sophie

Originalartikel erschien am 21.03.2017 auf SPORTBIONIER.COM, Überarbeitung am 27.11.2018

Natural Bodybuilder des Dopings überführt

Wenn Gannikus von “GNBF Athlet verweigert Dopingtest?” schreibt, dann bewegt das die Fitnessszene.
Nicht wenige sind der Meinung, dass Natural Bodybuiding einfach nur ein netter Marketingtrick sei und dass “naturales”, also dopingfreies Bodybuilding gar nicht existiere.

Hintergrund für Neulinge: Die GNBF ist der deutsche Verband für Natural Bodybuilding, also für steroidfreies “ehrliches” Bodybuilding. Dass sich hier keine Trittbrettfahrer verirren, versucht die German Natural Bodybuilding & Fitness Federation mit strengen Tests vor den Wettkämpfen und auch während der Off-Season zu gewährleisten.

“Natural Bodybuilding” ANBF/GNBF Athletin Grit Groß

Doch wie kann man selbst herausfinden, ob ein “Natural Bodybuilder” wirklich keine verbotenen Substanzen nimmt?

“Dafür gibt es Dopingkontrollen” könnte man sagen. Doch diese funktionieren nicht zuverlässig, wie damals 2013 nach dem Schwergewichts- und Gesamtsieg von Leon Schmahl offensichtlich wurde. Er war vor einigen Jahren DAS Vorbild für viele. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Natural Bodybuilder des Dopings beschuldigt wurde. Die GNBF lag einen positiven Dopingtest vor. Einige Wochen später änderte sich das wieder und die GNBF ruderte zurück.

Ins Kreuzfeuer der Kritik kam auch immer wieder Daniel Gildner. Ihm wurde vorgeworfen, dass er anabole Steroide zugeführt hätte. Ob dies tatsächlich so ist oder alles nur Geschichten von eifersüchtigen Neider sind, werden Außenstehende wohl nie erfahren.

Doch bevor wir nun weiter der Frage nachgehen, wie man nun sicher sein kann, ob ein Natural Bodybuilder wirklich “natural” ist, klären wir noch die Frage:

Was ist denn so schlimm am Doping?

GNBF Athlet Daniel Gildner
(CC-Lizenz, Wikipedia.)

Abgesehen von den gesundheitlichen Nebenwirkungen, sollte natürlich unterschieden werden, warum man leistungssteigernde Substanzen zuführt. Macht man es für sich privat, um beispielsweise gut auszusehen und man steht dazu (wie beispielsweise Jil Road to Glory), dann ist das völlig in Ordnung. Jeder ist für sich selbst verantwortlich!

Nimmt man jedoch illegale Substanzen zu sich, um bei einem Wettbewerb besser abzuschneiden, wo doch die Ausgangsbedingungen fair sein sollten, dann entsteht ein negatives Gefühl. Bei sportlichen Bewerben geht es doch darum, dass sich Menschen einander messen, die unterschiedliche Talente haben, unterschiedlichen Ehrgeiz und Fleiß mitbringen und vor allem eine unterschiedliche Genetik aufweisen. Die Fleißigsten, Talentiertesten und genetisch am besten Begnadesten sollten zu den Besten zählen und nicht diejenigen, die gelernt haben wie sie ihren Hormonhaushalt mit illegalen Substanzen am besten manipulieren.

Die Suche nach der Wahrheit

Ob jemand die Wahrheit sagt oder lügt, beschäftigt uns Menschen schon seit Anbeginn der Zeit. Fitness-YouTube-Legende Karl Ess sorgte vor einiger Zeit für Aufmerksamkeit in der “Szene”. Ehemalige Kollegen meldeten sich und behaupteten, dass Karl Ess nur noch ein Aushängeschild einer Marketingabteilung sei, dass er sich gar nicht vegan ernähre und dass alles nur Fake sei.

Harte Anschuldigungen. Niemand will Fan eines Lügners sein. Niemand will auf den Arm genommen werden.

Herauszufinden wer Recht hat und wer die Wahrheit sagt ist meistens ein Ding der Unmöglichkeit!

Kein Mensch will über den Tisch gezogen oder für seine Gutgläubigkeit an der Nase geführt werden. Jeder von uns hat diese Enttäuschung schon erlebt, für sein Vertrauen ausgenutzt zu werden; egal ob in Beziehungen oder beim Kauf von bestimmten Sachen.

Die Wahrheit zu kennen ist ein Grundbedürfnis, eine Ursehnsucht von jedem Menschen!

Doch wie ist es nun möglich als Laie herauszufinden, ob ein YouTuber, ein Sportler, ein Natural Bodybuilder, ein Unternehmer lügt oder die Wahrheit sagt?

Papier ist geduldig… das wissen wir. Und mit schauspielerischem Talent wirkt auch manch YouTuber sehr authentisch. Sogar nach persönlichen Gesprächen und intensiveren Kennenlernphasen kann die Enttäuschung Monate später groß sein, wenn sich ein Abgleich zwischen Projektion und Realität anfühlt wie ein Stich ins Herz. 

Zeige dich nackt mit all deinen Wunden!

Zwischenmenschliche Verbundheit gehört zu den Grundbedürfnissen und ist eine wesentliche Säule eines geglückten Lebens. Das ewige Misstrauen, die Kontrolle machen hart, einsam und friedlos. Jedenfalls findet man so keinen geliebten Partner, wenn man von vornherein sämtliche erfahrene Enttäuschungen gleich projizieren muss. Ja, die Liebe darf nicht nur, sie MUSS in gewisser Weise naiv sein. Denn Lieben heißt: Geben ohne Haben zu wollen. Klar, damit kann man auch auf die Nase fallen… aber ANDERERSEITS!? Welch ein gewaltiger Raum eröffnet sich damit – die wahre, die echte Liebe.

Einfach SICHER sein zu können, dass man wirklich nicht enttäuscht werden KANN! Das ist schlicht unmöglich!

Und daraus ergibt sich ein Dilemma! Um echte Liebe erfahren zu können, ist Vertrauen die Grundvoraussetzung. Gleichzeitig muss man akzeptieren, dass es im Leben keine 100%ige Sicherheit gibt.

Ob mein Partnerin fremd geht oder nicht, bleibt ihr überlassen. Ich kann hoffen, ich kann vertrauen, ich kann glauben … aber eine 100%ige Garantie habe ich nie.

Wenn meine Partnerin jedoch den Mut hat sich so zu zeigen, wie sie ist. Mit all ihren Schwächen, Fehlern persönlichen Niederlagen, Schmerzen und Wunden, dann entsteht Vertrauen.

Wer bereit ist einen seelischen Stripteas zu vollführen, kann nicht lügen. Oder sagen wir so: Die Wahrscheinlichkeit ein großes Lügenkonstrukt (“Ich bin natural, obwohl ich es nicht bin”) aufrecht zu erhalten, wenn jemand bereit ist, sein innerstes Preis zu geben, tendiert gegen Null. Ganz einfach deswegen, weil die Energie die aufgewendet werden muss, um das verzerrte Bild nach außen hin aufrecht zu erhalten, immer größer wird, je mehr man bereit ist die Schutzhüllen fallen zu lassen.

Menschen, die nicht in sich hineinschauen lassen (beispielsweise aufgrund negativer Erfahrungen), können viel eher etwas vorgaukeln, als jemand der bereit ist die Masken abzulegen und sein Herz schutzlos zu präsentieren.

Wachstum von innen nach außen

Zurück zu meiner Partnerin. Warum soll sie anfangen sich so zu zeigen, wie sie ist. Sie könnte das selbe ja von mir erwarten. Warum soll ein “Natural Bodybuilder” DIR gegenüber ehrlich sein und alles offen legen?

Wir müssen stets bei uns anfangen. Das mittlerweile schon etwas abgedroschene Zitat von Mahatma Gandhi trifft es auf dem Punkt:

Sei du selbst die Veränderung, die du wünschst für diese Welt.

Menschliche Beziehung, ja unsere ganze Gesellschaft funktioniert nach dem Reziprozitätsprinzip. Damit ist die gegenseitige Wechselbezüglichkeit gemeint. Du kannst nicht von anderen erwarten, dass sie ehrlich sind, wenn du es nicht selbst bist. Du kannst von anderen nicht erwarten, dass sie dir vertrauen, wenn du in deinem Innersten nicht vertraust.

Wenn du bei dir anfängst offen, ehrlich und authentisch zu kommunizieren, dann wirst du Menschen mit den selben Werten anziehen. Dann verändert sich dein Umfeld und dein Blick auf die Welt.

Lügt der Bodybuilder jetzt oder nicht?

Zurück zur Eingangsfrage: Wie kann ich sicher sein, ob ein Natural Bodybuilder wirklich “natural” ist?

Gar nicht! Du kannst niemals sicher sein. Weder bei einem Bodybuilder, noch bei deinem Idol, noch bei deinem Partner. Das einzige, das du machen kannst ist VERTRAUEN. Vertrauen kannst du dann aufbauen, wenn du bei dir anfängst. Wenn du anfängst deine Masken fallen zu lassen und dich traust dich so zu zeigen, wie du wirklich bist.

Erst dann erkennst du Gleichgesinnte. Erst dann wirst du unterscheiden können zwischen integraler Authentizität und Schauspielerei. 

Herzlichst,
euer Sportbionier Emanuel

Originalartikel erschien am 14.12.2016 auf SPORTBIONIER.COM, Überarbeitung am 27.11.2018